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Oldboy (2013) Review

Wenn Hollywood nicht gerade mit Horrorklassikern zugange ist, sind es wahlweise europäische oder asiatische Filme, welche im Gewand eines US-Remakes auf den Kinozuschauer losgelassen werden. Zwar entstehen dadurch ab und an Filmperlen wie Martin Scorseses „Departed – Unter Feinden“ (2006), zumeist ist das amerikanische Bemühen, Filme durch eine Neuauflage dem heimischen Markt anzupassen, von eher mäßigem Erfolg gekrönt, siehe David Finchers „Verblendung“ (2012). Entsprechend groß war die Skepsis, als bekannt wurde, dass der südkoreanische Kultfilm „Oldboy“ (2003) ein Update erhalten würde, entsprechend groß war die Überraschung, als sich abzeichnete, dass Politfilmer Spike Lee die Regie übernehmen würde. Final herausgekommen ist dann zwar kein Meisterwerk, aber sehr solides Unterhaltungskino, welches den Vergleich mit dem Original nicht zu scheuen braucht.

Der Werbedesigner Joe Doucett (Josh Brolin) ist ein Unsympath spektakulären Ausmaßes, der gerne mal ein Geschäftsessen durch platte Obszönitäten ruiniert. Eines Nachts wird er scheinbar ohne Grund gekidnappt und in einen Raum gesperrt, der einem Hotelzimmer nachempfunden ist. Essen erhält er durch eine Katzenklappe, sein einziger Kontakt zur Außenwelt ist ein Fernseher, wodurch er nach einiger Zeit vom Tod seiner Frau (Hannah Ware) erfährt; die Polizei hält ihn aufgrund gefälschter Beweise für den Mörder. Seine Tochter Mia überlebt und wird von einer Adoptivfamilie großgezogen. Während seiner zwanzig Jahre dauernden Gefangenschaft schreibt er diverse Briefe an sie, ändert seine Lebenshaltung, beginnt zu trainieren und schwört Rache an seinen Peinigern. Eines Tages wird er unvermittelt freigelassen, sein Entführer (Sharlto Copley) erpresst ihn jedoch per Handy und fordert ihn auf, sich auf die Suche nach Antworten zu machen. Mit Hilfe der Obdachlosenpflegerin Marie (Elizabeth Olsen) tut Joe genau dies und kommt zunächst auf die Spur seines Gefängnisses, dessen Leiter Chaney (Samuel L. Jackson) auf schmerzhafte Art und Weise Bekanntschaft mit Joes Entschlossenheit machen muss. Doch die Ausmaße des Komplotts hinter seiner Entführung reichen weiter zurück in seine Vergangenheit, als Joe es sich vorstellen kann. Und seine Gegner schrecken vor nichts zurück…

Spike Lee beweist genügend Eigenständigkeit, um seinen Film nicht zur platten Kopie verkommen zu lassen und wartet mit neuen und teils recht kreativen Ideen auf, um das Remake vom Original abzugrenzen. Zum einen verzichtet er vollständig auf das Element der Hypnose, was seinen Film beachtlich erdet. Zusätzlich baut er einen weiteren Twist in die Auflösung der Fragen ein, warum Joe zwanzig Jahre festgehalten und vor allem, warum er wieder freigelassen wurde, schafft es jedoch, das Ende trotzdem schlüssig zu gestalten. Die Flashbacks in die Vergangenheit des Protagonisten und seines Gegenspielers sind stilistisch sicherer visualisiert, außerdem unterscheiden sich die Versionen der mentalen Tortur, denen Joe ausgesetzt wird. Und auch wenn die Rache-Thematik zumindest auf der visuellen Ebene brutaler umgesetzt ist, so tritt sie doch nicht zuletzt durch die erweiterte Rolle der Marie ein wenig in den Hintergrund, um Platz für deren Wechselbeziehung zu Joe zu machen.

Einen eigenständigen Handlungsfaktor stellen zusätzlich dessen Anpassungsschwierigkeiten an die für ihn nach der Gefangenschaft völlig veränderten Welt dar, da er im Gegensatz zum 2003 spielenden Original vollständig unwissend bezüglich der Neuerungen des digitalen Zeitalters ist, welche im Zuge der Auflösung des ihm gestellten Rätsels eine große Rolle spielen. Als Vor- wie auch als Nachteil ausgelegt werden kann, dass man einen tieferen Einblick in die Struktur des Gefängnisses erhält, was ihm zwar etwas seiner Ungreifbarkeit nimmt, es jedoch etwas realistischer in der diegetischen Welt verankert. Fans des Originals wird in diesem Kontext sicherlich freuen, dass die berühmte Hammer-Szene fast 1:1 im Remake auftaucht und als Quasi-Hommage ebenfalls mit Hilfe einer Plansequenz realisiert wurde. Ohnehin wirkt der Film teils wie ein Stelldichein aller bekannten Kameraeinstellungen; Spike Lee bedient sich einer ausgeprägten Bildsprache, um seine Handlung visuell zu unterstützen. Ein großes Lob an Kameramann Sean Bobbit.

Josh Brolin spielt seinen Drecksack Joe mit einer Hingabe, dass es eine Freude ist, seiner Rolle kommt die vertiefte Charakterzeichnung deutlich zugute. Sharlto Copley nimmt sich im Gegensatz zu „District 9“ (2009) und „Elysium“ (2013) mimisch deutlich zurück, auch wenn seine Veranlagung zu psychopathischen Charakteren nach wie vor durchschimmert und seiner Rolle den Zug eines diskreten Wahnsinns verleiht. Samuel L. Jackson spielt zwar solide, wird mit seinen gefühlten zehn Minuten Leinwandzeit jedoch mächtig verheizt. Als positivste Überraschung kann sicherlich Elizabeth Olsen gelten, die ihre Streetworkerin Marie mit einer starken und entschlossenen Performance verkörpert und die daneben Chance erhält, deutlich nuancierter als der zumeist grimmig dreinblickende Josh Brolin zu agieren.

Spike Lee hat mit seiner Aktualisierung des südkoreanischen Stoffes durchaus gute Arbeit geleistet und einen Film erzeugt, welcher die Stärken des Originals übernimmt, daneben neue und zeitgenössische Faktoren hinzunimmt, den Mut hat, Entscheidendes abzuändern und somit der Institution eines sinnvollen Remakes gerecht wird. Nun war schon das Original kein Meisterstück, so dass auch Lee keinen weltbewegenden Film abliefert. Ein durchaus sehenswertes Werk ist sein „Oldboy“ jedoch allemal.

Autor: Jakob Larisch

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