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Leben und Sterben in L.A. (1985) Blu-ray-Kritik

© capelight pictures

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William Friedkin ist irgendwie nie zu einem der ganz Großen in Hollywood geworden. Gut, „French Connection“ und „Der Exorzist“ haben sich zu Klassikern ihres jeweiligen Genres entwickelt, doch war ihr Regisseur immer ein so genannter „Maverick“, ein Außenseiter des Hollywood-Betriebes. Viele seiner Filme dürften einem breiten Publikum eher unbekannt sein, doch Werke wie „Atemlos vor Angst“ oder „Das Kindermädchen“ haben sich über die Zeit definitiv einen gewissen Kultstatus erarbeitet. Dies dürfte auch für seinen fiebrigen 80er-Jahre-Kriminalfilm „Leben und Sterben in L.A.“ gelten, der mit Blick auf das US-amerikanische Kino jener Zeit immer etwas untergeht. Völlig zu Unrecht, denn er ist sein eigenes kleines Meisterwerk und stellt so etwas wie den differenzierten Gegenpart zu den Haudrauf-Filmen um Stallone, Schwarzenegger, Van Damme und Co. dar.

„Leben und Sterben in L.A.“ ist denn auch kein reiner Actionfilm, sondern eher ein Cop-Drama mit Actioneinlagen. Der heutzutage am ehesten durch seine Hauptrolle in der ursprünglichen „CSI“-Serie bekannte William L. Petersen spielt den Fahnder Richard Chance, Willem Dafoe seinen geldfälschenden Gegenspieler Eric Masters. Es entwickelt sich ein immer weiter eskalierendes Katz-und-Maus-Spiel um Informanten, falsche Fährten, schmutzige Tricks, Verfolgungsjagden und Schießereien. Der Film atmet dabei förmlich den audiovisuellen Stil der 1980er-Jahre: Die titelgebende Stadt glüht meist in der Sonne, natürliches wie künstliches Licht ist unglaublich intensiv, wobei die Bilder teils in die knalligsten Farben getaucht sind. Das Ganze wird untermalt durch einen herausragenden, synthesizerlastigen Soundtrack der New-Wave-Band Wang Chung, was dem Film in seiner Gesamtheit etwas Pulsierendes verleiht. Dabei blitzt immer wieder auch eine eigene Stilistik auf, die Friedkin als Regisseur von den reinen Handwerkern seiner Zeit abhebt, wenn er beispielsweise Einstellungen in zwei Hälften staffelt, wodurch ohne Schnitte allein aus dem Bild heraus Dinge erzählt, angedeutet, und vorweggenommen werden können.

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Wo die oben genannten Action-Recken der 1980er-Jahre in der Regel gegen ganze Syndikate antraten, tropische Inseln auseinandernahmen oder mal eben nach Vietnam zurückfuhren, um dem alten Feind verspätet ordentlich eins auf die Mütze zu geben, ist „Leben und Sterben in L.A.“ deutlich geerdeter. Letztlich lässt es sich auf das Konkurrenzspiel zweier meist ziemlich gnadenlos agierender Männer herunterbrechen, die mit dem maximalen Ausreizen der ihnen jeweils zur Verfügung stehenden Mittel (und manchmal auch etwas darüber hinaus) versuchen, ihr Ziel zu erreichen. Das Verhältnis der beiden erreicht dabei nicht ganz die Intensität der Hassliebe von Robert De Niro und Al Pacino in Michael Manns „Heat“, doch werden beide interessanterweise trotz einer letztlich äußerst rudimentären Zeichnung (so erfährt man nahezu nichts über ihre jeweilige Vergangenheit) ausreichend charakterisiert, um nicht als bloße Stereotypen auf der Leinwand zu agieren. Es sind dabei die kleinen Dinge, die den Film und seine Figuren ausdifferenzieren; wie Chance beispielsweise mit seiner Informantin Bianca Torres (Debra Feuer) kommuniziert oder mit welcher Akribie Masters sein Falschgeld druckt. Auf diese Weise erschafft der Film seinen eigenen kleinen Kosmos, der die Grenzen von Los Angeles nicht überschreitet und die Stadt dabei zu einem weiteren seiner Protagonisten macht. „Leben und Sterben in San Francisco“ oder „Leben und Sterben in New York“ wären vollkommen andere Filme geworden und diese urbane Eigenständigkeit verleiht Friedkins Film eine ganz eigene Form der Atmosphäre.

„Leben und Sterben in L.A.“ ist durchaus ein kleiner Klassiker, allerdings einer, der vielleicht noch darauf wartet, von einigen entdeckt zu werden, jenseits des unmittelbaren Mainstream der damaligen Zeit angesiedelt, dabei mit einem ausgeprägten Unterhaltungsfaktor ausgestattet. Der Film ist irgendwie bodenständig und gleichermaßen von einer ausgeprägten stilistischen Intensität und zeigt, dass es sich immer lohnt, den Blick auch mal auf die künstlerischen Außenseiter zu richten.

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Die Edition: capelight pictures veröffentlicht „Leben und Sterben in L.A.“ in seiner altbewährten Mediabook-Reihe (dieses Mal im schicken matten Look gehalten), wobei der Film wie gewohnt auf Blu-ray und auf DVD enthalten ist (gleichzeitig erscheint er auch als Single-DVD). Das Bildmaster entspricht dabei der in Großbritannien erschienenen Veröffentlichung von Arrow Video und sieht absolut fantastisch aus, womit eine eindeutige Verbesserung zur bereits erhältlichen MGM-Blu-ray gegeben ist. Die Bilder sind gestochen scharf, wobei das Filmkorn dankenswerterweise erhalten geblieben ist und die Farben sind unfassbar intensiv. Dies dürfte so ziemlich die definitive Edition des Filmes darstellen. Als Bonusmaterial gibt es den obligatorischen Audiokommentar mit William Friedkin, zahlreiche Interviews, unter anderem mit William L. Petersen, Debra Feuer und Wang Chung, das alternative Ende, entfallene Szenen und ein sehr sehenswertes halbstündiges Making-Of.

Autor: Jakob Larisch

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