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Fast & Furious 7 (2015) Review

© Universal Pictures

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„One Last Ride!“, eine letzte Fahrt. Dieser von Vin Diesel gesprochene Halbsatz aus dem Trailer zu „Fast and Furious 7“ war weniger auf die Handlung des Films als vielmehr auf seinen Co-Star Paul Walker bezogen, der am 30. November 2013 bei einem tragischen Autounfall tödlich verunglückte. Der siebte Eintrag im wohl besten Car-Chase-Franchise der Welt ist damit knapp anderthalb Jahre nach seinem Tod Paul Walkers letzter Film, der Leinwandabschied von ihm ist so gleichzeitig ein Abschied von der Rolle, die ihn bekannt und berühmt gemacht hat. Walker starb während der Dreharbeiten und hatte nicht mehr alle Szenen fertigstellen können, so dass in einer auf seinen Unfall folgenden Produktionspause das Drehbuch entsprechend umgeschrieben wurde, um nicht zuletzt der Problematik begegnen zu können, einen der beiden zentralen Charaktere adäquat aus der Reihe ausscheiden zu lassen. „Fast & Furious 7“ ist dabei eine würdige letzte Fahrt für Paul Walker geworden, mit einem emotionalen Ende, welches vermutlich kein Auge im Kinosaal trocken lässt.

„Fast & Furious 7“ beginnt ziemlich genau dort, wo „Fast & Furious 6“ aufhörte: Owen Shaw (Luke Evans) hat den Sturz aus dem Flugzeug überlebt und liegt im Koma, sein Bruder Deckard (Jason Statham) besucht ihn am Krankenbett und verspricht ihm, sich zu rächen. Zu diesem Zweck bricht er in das Büro von Agent Hobbs (Dwayne „The Rock“ Johnson) ein, um dort an die Namen des Teams zu kommen, welches für den Zustand von Owen verantwortlich ist. Hobbs versucht, ihn aufzuhalten, landet jedoch nach einer Schlägerei mit Deckard und einer anschließenden Explosion im Krankenhaus. Zeitgleich versucht Dom Toretto (Vin Diesel) ein normales Leben mit Letty (Michelle Rodriguez) zu führen, die ihr Gedächtnis noch immer nicht zurückerlangt hat. Nach einem „Race Wars“-Rennen bricht sie aus diesem Grund zusammen und verlässt Dom. Brian O’Conner (Paul Walker) lebt mittlerweile mit Doms Schwester Mia (Jordana Brewster) und ihrem gemeinsamen Sohn ein typisches Familienleben, kann sich in die für ihn ungewohnte Rolle jedoch nicht so recht einfinden. Als Deckard in Tokio ihren gemeinsamen Freund Han (Sung Kang) tötet und einen Bombenanschlag auf die Familie verübt, wird Dom durch Hobbs konsultiert: Er soll Deckard fassen. Das gestaltet sich allerdings schwieriger als gedacht, doch bald mischt sich der mysteriöse Mr. Nobody (Kurt Russell) ein, bringt das Team aus Dom, Brian, Letty sowie den alten Freunden Roman (Tyrese Gibson) und Tej (Ludacris) wieder zusammen und verspricht ihnen Hilfe bei der Jagd, wenn sie ihm im Gegenzug einen Gefallen tun: Der Hacker „Ramsey“ muss aus der Gewalt des Militärgenerals Jakande (Djimon Hounsou) befreit werden, um so an ein Überwachungsprogramm, genannt „Auge Gottes“, zu kommen. Schnell kämpft die Crew damit an verschiedenen Fronten…

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Die Inhaltsangabe hört sich dabei deutlich komplizierter an, als die Handlung tatsächlich ist, welche wiederum ohnehin zumeist dazu dient, haarsträubende und zugleich atemberaubende Actionsequenzen auf den Zuschauer loszulassen. Waren der Panzer und die Flughafenlandebahn-Verfolgungsjagd aus dem sechsten Teil schon völlig überdreht, so schafft es „Saw“-Regisseur und Reihen-Neuling James Wan, mindestens ebenbürtige Szenen abzufeuern und die Quasi-Unverwundbarkeit seiner Helden dabei regelrecht zu zelebrieren, denen weder Schläge mit einem Schraubenschlüssel ins Gesicht noch Raketeneinschläge ins Auto groß etwas ausmachen. Am spektakulärsten und damit das Highlight des Films ist die Befreiungsaktion von „Ramsey“, welche im Trailer in Kurzform bereits angeteasert wurde. Zwar bekommt man in jener knapp anderthalbminütigen Vorschau einen Eindruck der Szene vermittelt, doch lässt sich der Trailer im Vergleich zum etwa zwanzigminütigen Endprodukt als geradezu „sanft“ klassifizieren. Wenn James Wan zunächst Autos samt Insassen per Fallschirm aus einem Flugzeug springen lässt, damit sie hinterher in einer perfekt choreografierten Verfolgungsjagd den mit etwa zehn Maschinengewehren bestückten Bus von Djimon Hounsou ausschalten können, sich nebenbei im Martial-Arts-Style mit Gegnern prügeln, mit und ohne Autos durch die Luft fliegen, woraufhin schließlich Jason Statham auftaucht, um alles noch eine Facette komplizierter zu machen, dann ist klar: Dieser Regisseur versteht sein Handwerk und kann nicht nur Horror, sondern auch Action grandios inszenieren. Es sollte wundern, wenn ihm aus dieser Richtung nicht künftig ein paar Angebote unterbreitet würden.

Neben der wildgewordenen Auto-Action (zwei weitere große Szenen runden den Film in dieser Hinsicht ab) wird sich auch fleißig geprügelt, was vermutlich so gut in Szene gesetzt ist wie nie in der Reihe. Dies hängt in den meisten Fällen mit den Cast-Neuzugängen zusammen. Jason Statham als Antagonist verströmt dabei eine sinister-fiese Aura, die durch seine Wortkargheit noch unterstützt wird. Zwar hat er letztlich nicht derart viele Szenen, doch ist er ein Gegenspieler, der durch seine schiere Präsenz einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Er darf sich dabei mehrere spektakuläre Schlägereien liefern und wenn er und Dwayne Johnson sich zu Beginn ordentlich auf die Mütze geben, so ist dies ein inszenatorischer und choreografischer Glanzpunkt. Ebenfalls ein Hochgenuss sind die Fights des aus der „Ong-Bak“-Trilogie bekannten Martial-Arts-Kämpfers Tony Jaa, der als Handlanger von Jakande zwei Mal gegen Paul Walker ran muss. MMA-Amazone Ronda Rousey, bekannt aus „The Expendables 3“, kommt als Leibwächterin in ihrem Kampf gegen Michelle Rodriguez vielleicht etwas zu kurz, welche nach den Auseinandersetzungen mit Gina Carano in Teil 6 zum zweiten Mal gegen eine MMA-Kämpferin antreten darf. Auch Kurt Russell und Djimon Hounsou haben für Darsteller ihrer Zugkraft letztlich leider zu wenige Szenen. Neben diesen ganzen großen Namen tauchen mit Lucas Black als Sean Boswell aus „The Fast and the Furious: Tokyo Drift“ sowie Noel Gugliemi als Hector aus dem ersten Teil kurz zwei alte Bekannte auf, die für einen noch stärkeren Zusammenhalt der einzelnen Filme sorgen.

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James Wan schafft es, dem Film durch einige durchaus kohärent wirkende Stilmittel einen eigenen Stempel aufzurücken, speziell wohldosiert eingesetzte Zeitlupen sowie insbesondere die häufiger um 180 oder 360 Grad rollende Kamera sorgen in den richtigen Momenten für interessante Perspektivierungen. Der Musikeinsatz stimmt wie eigentlich immer, der Humor ebenfalls und Wan kann einige gute Regieeinfälle vorweisen, um das in seiner Tiefe dann doch eher überschaubare Skript stimmig auf die Leinwand zu bannen. Nun waren die „Fast and Furious“-Filme niemals Kandidaten für einen Drehbuch-Oscar, doch gerade Teil 5 und Teil 6 zeigten, wie eine teils arg dünne Story nicht nur als Beiwerk, sondern durchaus als stabilisierendes Gerüst wirken kann. Bei Teil 7 dauert es jedoch zunächst ein wenig, bis der Film nach einer grandiosen ersten Szene richtig in Schwung kommt, da die Zeit bis zum Beginn der grundlegenden personellen Konfrontation trotz einer charmanten Einführung der Charaktere etwas zu lang geraten ist. Auch in seiner Gesamtschau wirkt der Film stark fragmentiert, die einzelnen Actionszenen erscheinen mehr als sonst wie einzelne Setpieces, die nur notdürftig zusammengehalten werden. Das Ende des Films ist schließlich quasi zweigeteilt: Der Main-Plot um die Hacker-Story stoppt dabei sehr abrupt, Kurt Russell taucht nach etwa drei Vierteln des Films schlicht nicht mehr auf und was mit dem „Auge Gottes“ final passiert, bleibt völlig unklar. Dieser etwas unfertige Charakter von „Fast & Furious 7“ hängt vermutlich mit den nach Paul Walkers Tod notwendigen Drehbuchänderungen zusammen. Zumindest am Ende wäre jedoch eine kurze zusätzliche Szene durchaus drin gewesen und hätte die Storyline etwas abgerundet, allerdings kann man aufgrund der Rahmenbedingungen mildernde Umstände geltend machen.

Das „zweite Ende“ von „Fast & Furious 7“ besteht in einer Art Epilog, welcher den Charakter Brian O’Conner standesgemäß aus dem Franchise verabschiedet, ohne dabei pathetisch oder aufgesetzt zu wirken. Sowieso muss man in jeder Szene mit Paul Walker permanent an dessen Schicksal denken, was den Film ein wenig dämpft und ihm eine nachdenkliche Note verleiht, daneben gab es vermutlich noch keinen „Fast & Furious“-Film, in dem so viel über Abschied gesprochen wird. Final ist der Schluss stimmig gelöst, die letzte Sequenz kann dabei eine extreme emotionale Wucht aufweisen und insbesondere die hochsymbolische letzte Einstellung ist schlicht brillant. Wir enden, wie der Film endet, schwarze Buchstaben auf weißem Grund: „Für Paul“.

Autor: Jakob Larisch


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