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Trumbo (2015/2016) Review

© Paramount Pictures

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Bryan Cranston hat sich mit seiner Rolle des Walter „Heisenberg“ White in der TV-Serie „Breaking Bad“ (2008-2013) in Fankreisen wie auch film- bzw. TV-historisch unsterblich gemacht. Auf der Kinoleinwand war er jedoch eher als Nebendarsteller zu sehen, er spielte in Filmen wie „Contagion“ (2011), „Larry Crowne“ (2011), „Drive“ (2011), „Total Recall“ (2012), „Argo“ (2012) oder „Godzilla“ (2014) mal größere und mal kleinere Rollen. Mit „Trumbo“ legt Cranston nun seine gelungene erste Kinohauptrolle vor und wurde dafür prompt mit einer Oscar-Nominierung geadelt. Der Film basiert auf der wahren Geschichte des Drehbuchautors Dalton Trumbo, welcher in der McCarthy-Ära der 1940er- und 1950er-Jahre auf der so genannten „Schwarzen Liste“ stand. Diese beinhaltete Namen von tatsächlichen oder vermeintlichen kommunistischen Sympathisanten, die auf maßgeblichen Druck konservativer Kräfte von ihrer Arbeit in der Filmindustrie ausgeschlossen wurden. Trumbo war zusätzlich einer der „Hollywood Ten“, neun Drehbuchautoren und mit Edward Dmytryk ein Regisseur, welche die Aussage vor dem so genannten Komitee für unamerikanische Umtriebe unter Berufung auf den fünften Zusatzartikel der US-Verfassung verweigerten und aus diesem Grund ins Gefängnis kamen.

Der Film erzählt die Geschichte von Dalton Trumbo inmitten dieses historischen Geflechts sehr mitfühlend und geht dabei auf die privaten und beruflichen Probleme ein, welche mit der Schwarzen Liste einhergingen. Trumbo war tatsächlich Mitglied der Kommunistischen Partei der USA und dass ein US-amerikanischer Film einen bekennenden Kommunisten zu seinem Sympathieträger macht, erlebt man auch nicht alle Tage, wobei Fragen nach der explizit politischen Haltung Trumbos wenig tangiert werden, dem Film geht es eher um die Bebilderung einer generellen gesellschaftlichen Stimmung zur Zeit der paranoide Ausmaße annehmenden „Red Scare“-Ära sowie deren Auswirkungen auf die einzelnen Menschen bzw. ihre Familien. Alles beginnt harmlos, mit einigen leichten Anschuldigungen am Set über die maßgebliche Intervention von John Wayne (aufgrund der mangelnden äußerlichen Ähnlichkeit wenig überzeugend: David James Elliott) und der einflussreichen Gossip-Journalistin Hedda Hopper (herrlich widerwärtig: Helen Mirren), welche die Studiobosse mit davon überzeugt, keine vermeintlichen oder tatsächlichen Kommunisten mehr einzustellen. Es geht um finanzielle Probleme, um Rückschläge wie die Krebserkrankung von Trumbos Freund Arlen Hird (Louis C.K.) oder den Verrat durch Edward G. Robinson (Michael Stuhlbarg) vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe (historisch nicht korrekt), um die gesellschaftliche Ächtung der als Verräter gebrandmarkten Akteure und schließlich um den persönlichen Tiefpunkt der Haftstrafe.

Doch ab hier, nach etwa einem Drittel des Films, geschieht das, was US-amerikanische Filme so lieben: den Aufstand eines Einzelnen gegen ein repressives System. Nur dass dieser Einzelne nun ein Kommunist und damit de facto ein Staatsfeind ist und das System nicht nur durch einzeln korrumpierte Bürokraten verkörpert wird, sondern durch ein generelles gesellschaftliches Unwohlsein. Trumbo beginnt, in der B-Movie-Schmiede des Produzenten Frank King (großartig: John Goodman), der Vertreter des Komitees für unamerikanische Umtriebe auch mal mit einem Baseballschläger verabschiedet, unter Pseudonym Drehbücher zu schreiben, die man nach heutigen Maßstäben wohl als nostalgischen Trash klassifizieren würde. In einem Netzwerk von Drehbuchautoren, teils auf der Schwarzen Liste, teils nicht, gelingt es ihm, wieder zu arbeiten, für wenig Geld, was zu Spannungen mit seiner Familie und insbesondere seiner ältesten Tochter Nikola (Elle Fanning) führt, die sich hin- und hergerissen sieht zwischen der Loyalität zu ihrem Vater und ihrem Einsatz für die aufkommende Bürgerrechtsbewegung. Nachdem Trumbo unter der Ägide von King nach und nach in der Lage ist, sein Potenzial wieder voll ausschöpfen zu können, gewinnt das von ihm immer noch unter Pseudonym verfasste Drehbuch zu „Roter Staub“ (OT: The Brave One, 1956) einen Oscar, den er aufgrund seiner im Geheimen stattfindenden Tätigkeit jedoch nicht entgegennehmen kann. Es braucht erst einen gewissen Kirk Douglas (Dean O’Gorman mit bemerkenswerter Ähnlichkeit zu seinem realen Vorbild), um den Versuch zu starten, Trumbos Namen zu rehabilitieren.

© Paramount Pictures

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Der Film ist ein herausragend ausgestattetes Period Piece wie es im Buche steht, exzellent gespielt und dabei mehrere Genres bedienend: Zunächst ein klassisches Biopic mit politischen Untertönen, ein wenig Politthriller und schließlich eine Art leichtfüßig-atmosphärische Mischung aus Kriminalfilm und Komödie, wenn die Mechanismen beleuchtet werden, mit welchen Trumbo, seine Familie und seine Freunde Drehbücher zwischen einzelnen Autoren hin- und herschmuggeln und sich konspirativ treffen, um schlussendlich zu beschließen, wer von den schwarzgelisteten Schreibern jetzt das Skript zu dem Film mit den Killer-Insekten verfasst; unterbrochen wird das Ganze zudem immer wieder von einer Prise Familienmelodram. „Trumbo“ ist wie eine Collage aufgebaut, der Film springt elliptisch von Zeitpunkt zu Zeitpunkt und beleuchtet die wichtigsten Stationen der aufgezeigten Entwicklung. Daraus resultiert auch der einzige größere Kritikpunkt: Von dem Porträt der dargestellten Zeit und ihren Auswirkungen auf die Filmindustrie hätte man manchmal einfach gerne mehr gesehen, was die Story jedoch aus Zeitgründen nicht zu erlauben schien.

„Trumbo“ ist zudem ein Film für Filmfans: Der Auftritt realer Vorbilder oder die Einbindung filmpolitischer Ereignisse gibt nicht nur einen zeitgeschichtlichen, sondern auch einen filmhistorischen Einblick in die Beschaffenheit eines kleinen Ausschnittes der US-amerikanischen Kulturlandschaft in den zwei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg, natürlich mit kreativen Freiheiten, als grundlegende Bebilderung der entsprechenden Strukturen aber durchaus prägnant. Auch wenn die einzelnen Stationen dabei teils etwas ausführlicher und tiefgehender hätten gestaltet werden können, so sehen sich die Auswüchse der McCarthy-Paranoia anhand der titelgebenden Figur mit einer gut gewählten Balance zwischen professionellen und privaten Umständen dargelegt, mit viel Liebe zum Detail gestaltet und stringent sowie unterhaltsam erzählt.

Autor: Jakob Larisch

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