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Spy – Susan Cooper Undercover (2015) Review

© 20th Century Fox

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Wenn eine Schauspielerin oder ein Schauspieler nach Jahren der Nebenrollen irgendwann endlich ihren oder seinen Durchbruch schafft, sei es künstlerisch oder finanziell, dann gibt es, sehr vereinfacht gesprochen, zwei Möglichkeiten, wie es hinterher weitergehen kann. Entweder nutzt man die neu gewonnene Star-Power, um ab sofort etwas wählerischer bei der Rollenauswahl zu sein und zu einem darstellerischen Aushängeschild zu werden, idealerweise in Kombination mit der Eigenschaft als Kassenmagnet. Ein Beispiel dafür wäre Harrison Ford, welcher nach seiner Rolle als Han Solo in den drei alten „Star Wars“-Filmen zu einem internationalen Topstar wurde. Dieser Weg funktioniert auch, wenn man mehr durch physische Präsenz denn mimische Kraft aufzufallen vermag, siehe exemplarisch Bruce Willis. Oder aber der Durchbruch entpuppt sich als heiße Luft und man ist nicht mehr in der Lage, filmische Gedächtniskost zu produzieren (so z.B. Hayden Christensen). Welche Richtung Melissa McCarthy einschlagen wird, ist noch nicht hundertprozentig sicher. Mit „Brautalarm“ schaffte sie 2011 ihren Durchbruch, der ihr sogar eine Oscar-Nominierung einbrachte, ihre seitherigen Hauptrollen in „Voll abgezockt“, „Taffe Mädels“ und „Tammy“ waren jedoch eher von durchwachsener Qualität, wenn auch teils kommerziell durchaus erfolgreich. Auch ihr neuester Streich „Spy – Susan Cooper Undercover“ wird sie nicht in den Schauspiel-Olymp erheben, kann jedoch auf komödiantischer Ebene gut überzeugen.

Die CIA-Analystin Susan Cooper (McCarthy) ist dafür verantwortlich, aus der Zentrale in Langley ihrem Kompagnon Bradley Fine (Jude Law) im Einsatz den Rücken freizuhalten. Dieser tötet in Bulgarien versehentlich den Gangsterboss Tihomir Boyanov, welcher scheinbar als einziger den Standort einer hochgefährlichen Nuklearwaffe kannte, so dass die CIA nun unter Zugzwang steht und sich daran macht, seine Tochter Rayna Boyanov (Rose Byrne) zu überwachen. Da diese eine Liste mit allen CIA-Agenten im Außendienst besitzt, muss jemand anderes ran, der in kriminellen Kreisen unbekannt ist. Susan meldet sich freiwillig für ihren ersten Außeneinsatz und muss mit wechselnden Identitäten Rayna beschatten. Hilfe erhält sie dabei von ihrer Kollegin und Freundin Nancy (Miranda Hart), welche nun den Job am Schreibtisch übernimmt, der überhebliche Agent Rick Ford (Jason Statham), der nichts von Susans Fähigkeiten hält, folgt ihr jedoch und bringt sie dadurch permanent in Gefahr. Ein Verfolgungs-Chaos über mehrere Kontinente beginnt…

Das Ganze klingt zunächst nach einem typischen Melissa-McCarthy-Vehikel und trotz der Tatsache, dass sie die Titel- und damit zweifellos die Hauptrolle spielt, so lebt der Film doch am meisten von ihrer Interaktion mit den anderen Protagonisten. Gemeinsam spannen die verschiedenen Charaktere ein dichtes Figuren-Netz in den Plot, welches mustergültig davon ablenkt, dass die zugrunde liegende Geschichte nicht mehr ist als eine parodistisch angelegte Standard-Undercover-Agenten-Story. Da wäre zunächst Jude Law, dem die Exposition ganz allein gehört und der sie dazu nutzt, eine Art Bewerbungsvideo für „The Expendables 4“ anzufertigen. Exzellent inszeniert sowie choreografiert prügelt er sich in der ersten Sequenz durch die Horden der finsteren Klischee-Bösewichte, stets begleitet von dem über Funk geführten Dialog mit Susan, die ihm aufgrund neumodischer und natürlich vollkommen unrealistischer Überwachungstechnik den Rücken frei hält. Welch Geistes Kind der Film ist, zeigt er zumal, wenn Bradley Fine am Ende der Sequenz einen Abhang hinunter fliehen muss, während etwa zwanzig Bulgaren hinter ihm ihre Maschinengewehre leerfeuern, dabei aber logischerweise nur den Rasen treffen. Diese und andere Agentenfilmklischees werden in der Folgezeit lustvoll zelebriert und durch den Kakao gezogen (so werden beispielsweise Waffen nach Gebrauch niemals wieder eingesteckt, sondern stets irgendwo hingeworfen), das Drehbuch von Regisseur Paul Feig kann in dieser parodistisch angelegten Hinsicht vollkommen überzeugen. Nur das Ende kommt leider etwas abrupt, dies ist im Angesicht der ohnehin schon wenig komplexen Dramaturgie etwas schade.

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Als heimliches Highlight des Films kann Jason Statham gelten, der keine Mühe scheut, sich selbst vollkommen auf die Schippe zu nehmen. Nicht nur, dass er gegen sein eigenes öffentliches Bild anspielt, indem ihm als Hardcore-Agenten (außer einer netten Prügelei) schlichtweg nichts gelingen will, auch erzählt er als Running Gag in jeder Szene unfassbare Geschichten, die ihm in seiner Laufbahn angeblich schon passiert sind. Beispiel gefällig? „Ich bin mit einem Auto auf einem Zug gefahren. Während ich in Flammen stand. Nicht das Auto. ICH stand in Flammen.“ Diese Anekdoten werden immer abstruser und sind so pointiert-übertrieben, dass man als Zuschauer stets auf die nächste wartet, sobald Statham auftritt.

Auf tatsächlich einer Augenhöhe mit Melissa McCarthy agiert schließlich Rose Byrne, die ihre Rolle der skrupellosen Gangster-Tochter und Mafia-Chefin irgendwo zwischen einer gelangweilten Fassung eines weiblichen Don Corleone und einer elaboriert gekleideten Kandidatin bei „Germany’s Next Topmodel“ anlegt. Von Anfang an ist klar, dass die Direktive von Susan Coopers Chefin, ja keinen Kontakt zur Zielperson aufzunehmen, demnächst in die Hose gehen muss, wie das Ganze passiert, kommt jedoch unerwartet, wohin sich die Beziehung der beiden Frauen entwickelt, ist schlussendlich umso brillanter. Dass das Ganze so funktioniert, wie es funktioniert, ist natürlich vollkommen skurril, passt aber zum Unterton des Films. In Sachen Scharfzüngigkeit steht Rayna Byanov Susan Cooper in nichts nach und ihre Wortgefechte sind ein Genuss, auch wenn sie gegen Ende immer mehr in Richtung Fäkalhumor abgleiten. Das hätte zwar nicht sein müssen, trübt den Gesamteindruck des Filmes jedoch nicht nennenswert.

© 20th Century Fox

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Dass Melissa McCarthy irgendwann natürlich wieder ihre Körperfülle als komödiantisches Element ausspielen muss, ist so sicher wie die nächste Matthias-Schweighöfer-Komödie und letztlich der einzige nachhaltige Vorwurf, den man dem Film machen kann. Etwa das letzte Viertel des Filmes steht ganz im Zeichen des scheinbar selbstironischen, dann aber doch irgendwie zwiespältigen Übergewichts-Humors. Es ist gar nicht mal schlimm, dass McCarthy etwa zeitgleich anfängt, in jedem Dialog wie verrückt rumzufluchen, das ist in einigen Momenten sogar recht witzig. Nur hatte Paul Feig bis hierhin gezeigt, dass er durchaus in der Lage ist, eine action- und temporeiche Komödie aufs Parkett zu legen (Stichwort: Messer gegen Bratpfanne), die lange Zeit tatsächlich ohne allzu flachen Humor auskommt. Sicher, Slapstick-Elemente sind zuhauf vorhanden, diese funktionieren auch hervorragend, zünden aber immer dann am besten, wenn sie nicht McCarthys Körperfülle zum Inhalt haben. Denn ebenjene Gags wirken zum großen Teil gezwungen und kratzen ein wenig am Lack des Humoreindrucks. Der Film weiß übrigens mit ein paar erstaunlich happigen Splatter-Einlagen aufzuwarten, die sich in dem Gesamtkontext allerdings gut einpassen.

„Spy – Susan Cooper Undercover“ ist eine zu großen Teilen brüllend komische Actionkomödie mit zwar wenig Tiefgang und teils kleineren Schwächen, dafür aber genügend Schauwerten, um die dünne Story wettzumachen. Rasant, witzig, mit charismatischen und selbstironisch agierenden Darstellern: Eine Komödie nach Maß, kein Meisterwerk, aber hochgradig unterhaltsam! 7/10

Autor: Jakob Larisch

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