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Pitch Perfect (2012) Review

© Universal Pictures Home Entertainment

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Jemand, der bei „Twilight“ mitspielt, wird für einen Oscar nominiert? Da kann doch etwas nicht mit rechten Dingen zugehen…oder? Doch, kann es tatsächlich. Wenn man in Betracht zieht, dass die betreffende Person in der Glitzer-Vampir-Saga nur eine kleine Nebenrolle spielte und sich die Oscar-Nominierung auf einen anderen Film bezog. Denn Anna Kendrick, die in den ersten vier „Twilight“-Filmen die Rolle von Kristen Stewarts Freundin Jessica übernahm, wurde nur kurz nach dem ersten Teil für „Up in the Air“ (2009) für einen Oscar als beste Nebendarstellerin nominiert, konnte sich jedoch nicht gegen Mo’Nique (für „Precious“) durchsetzen. Nach weiteren Nebenrollen, zum Beispiel in Edgar Wrights „Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt“ (2010) oder Robert Redfords „The Company You Keep – Die Akte Grant“ (2012) durfte sie in „Pitch Perfect“ zum ersten Mal in einer größeren Filmproduktion die Hauptrolle spielen. Der Film entwickelte sich in seiner Kinoauswertung zu dem, was man im Amerikanischen einen „Sleeper Hit“ nennt: Ein Film, welcher es schafft, trotz wenig Werbung sowie eines zurückgenommenen Marketings über einen längeren Zeitraum äußerst erfolgreich in den Kinos zu laufen. Und dies völlig zu Recht. „Pitch Perfect“ ist eine wundervolle Musik-Komödie mit einer zwar recht konventionellen Dramaturgie, jedoch auf den Punkt gesetzten Gags und einer schier herausragenden musikalischen Umsetzung.

Start eines neuen Uni-Semesters: Beca Mitchell (Anna Kendrick) hat zwar eigentlich keine Lust, aufs College zu gehen, sondern würde viel lieber eine Karriere als Musikproduzentin einschlagen, doch ihr Vater (John Benjamin Hickey) überredet sie zu einem Deal: Ein Jahr an der Uni sowie der Beitritt zu einem Uni-Club. Sollte Beca hinterher nach wie vor von ihren anderen Karriereplänen überzeugt sein, wird er ihr diese finanzieren. Eher widerwillig geht sie zu einem Vorsingen bei einer der universitären A-Cappella-Gruppen, den „Barden Bellas“, deren Leiterinnen Aubrey (Anna Camp) und Chloe (Brittany Snow) von Personal- und Image-Schwierigkeiten geplagt werden. Nach einigem Hin und Her wird sie schließlich aufgenommen. Jesse (Skylar Astin), ihr Arbeitskollege beim Uni-Radio, mit dem sie sich immer mehr anfreundet, wird hingegen Mirglied bei der rivalisierenden Truppe „Treblemakers“ unter der Leitung des arrogant-hyperaktiven Bumper (Adam DeVine). Zusammen mit den anderen Neuzugängen, darunter der schlagfertigen Fat Amy (Rebel Wilson), machen sich die „Bellas“ daran, den Titel der nationalen A-Cappella-Meisterschaften zu erringen. Doch interne wie externe Probleme legen ihnen immer wieder Steine in den Weg…

„Pitch Perfect“ erscheint zunächst fast wie ein Musical, mit dem Unterschied, dass die Dialoge der Figuren ohne Ausnahme normal gesprochen anstatt gesungen werden. Einen Punkt jedoch hat der Film mit dem genannten Genre gemein: Waren es im Musical minutenlange Sequenzen, in welchen die Charaktere ein wenig aus ihrer Rolle fielen und begannen, zu singen und dazu ausgefeilt choreografiert zu tanzen, so sind es in „Pitch Perfect“ die in regelmäßigen Abständen kommenden A-Cappella-Szenen, die nicht etwa aus Gründen eines ökonomischen Erzählens nach 30 Sekunden abbrechen, sondern in ihrer vollen Länge auf den Zuschauer losgelassen werden. Zum Glück. Denn ob sich die „Barden Bellas“ mit ihren Uni-Konkurrenten nachts auf dem Campus messen oder ob sie bzw. die „Treblemakers“ einen fulminanten Auftritt auf der Bühne hinlegen, die entsprechenden Szenen sind ohne Ausnahme brillant inszeniert, spektakulär choreografiert und vor allem unfassbar gut gesungen. Ob da jetzt gerade die zu sehenden Schauspieler auch zu hören sind oder nicht, ist dabei völlig egal, denn jede dieser Sequenzen stellt ein neues Highlight dar, bis der grandiose Showdown es nochmals vermag, alles bis dahin schon Gesungene und Getanzte locker in den Schatten zu stellen.

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Okay, die Dramaturgie ist nichts Neues. Rebellisches College-Girl, die eher in die Kreativ-Branche will, wird Mitglied einer Gruppe, die einen Wettbewerb gewinnen will/muss. Sie freundet sich mit dem klugen, smarten, witzigen und attraktiven Arbeitskollegen an und wie das Ganze ausgeht, stellt man als Zuschauer auch dann nicht in Frage, als die beiden sich zwanzig Minuten vor dem Ende als klassisches retardierendes Moment ganz fürchterlich in die Haare bekommen. Die Entwicklung des internen Konflikts der „Barden Bellas“ darum, ob man sich bei der Song-Auswahl für die A-Cappella-Medleys eher auf Bewährtes oder doch eher auf Frisches verlassen sollte, wird durch Becas Plädieren für Letzteres ebenfalls schnell deutlich: Bei den Bellas läuft es nicht mehr rund und die Protagonistin schlägt nachvollziehbare Ideen vor, wie man es besser machen könnte, da muss man hinsichtlich der Konfliktlösung nicht lange rätseln. Die Frage hier ist nicht ob, sondern eher wann die starrköpfige Aubrey endlich einsieht, dass man etwas anarchischen Schwung in die Choreografien bringen muss. Auch als Beca die Bellas in konfliktreichen Zeiten verlässt, geht vermutlich kein Zuschauer davon aus, dass es sich hierbei um den künftigen filmischen Dauerzustand handelt.

Die doch eher klassisch gehaltene Geschichte wird dabei jedoch insbesondere durch zwei Dinge derart glänzend ergänzt, dass sie gar nicht weiter auffällt. Zum einen sind es die bereits erwähnten musikalischen Zwischensequenzen, die die Narration stets quasi „anhalten“ und Zeit für das Performative geben, in welches man als Zuschauer ein ums andere Mal effektvoll eintauchen kann. Zum anderen ist „Pitch Perfect“ einfach eine extrem witzige Komödie, das Drehbuch feuert Gags im Minutentakt ab und es überrascht kaum, dass es sich bei Drehbuchautorin Kay Cannon um die Stammschreiberin von „30 Rock“ handelt, einer Serie, die ebenfalls einen knalligen fast-paced-Humor pflegt. Jede der Bellas hat dabei einen mit Genuss überexerzierten Spleen, insbesondere Rebel Wilson als Fat Amy ist für Comic Relief zuständig, aber auch Hana Mae Lee als Lilly Onakuramara, welche in jeder Situation extrem leise spricht, jedoch exzellent beatboxen kann oder Alexis Knapp als Stacie Conrad, die permanent auf Sex aus ist, sorgen für Abwechslung in der Figurenzeichnung. Und ein Cameo von Christopher „McLovin“ Mintz-Plasse kann auch nie schaden.

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„Pitch Perfect“ ist eine charmante Komödie mit viel Herz, viel Witz und charismatischen Darstellern wie Darstellerinnen, deren Glanzpunkte die krachend inszenierten A-Cappella-Szenen sind. Ein Film, der nicht nur hervorragend unterhält, sondern den Zuschauer mit begeisternden Momenten regelrecht mitzureißen vermag, so dass man sich auf das Sequel mit Fug und Recht freuen darf. Prepare to get Pitch Slapped! 10/10

Autor: Jakob Larisch

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