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Manhattan Queen (2018/2019) Review

© Universum Film

© Tobis / Universum Film

Als „Manhattan Queen“ mit Jennifer Lopez angekündigt wurde, dürften sich viele gefragt haben, ob sie den Film nicht schon längst gesehen hätten. Angesichts des Titels und des Plots – Lopez‘ Figur nimmt eine falsche Identität an und wird Teil der High Society – ist das auch kein Wunder. Vor 16 Jahren schlüpfte Lopez in „Manhattan Love Story“ als alleinerziehende Hotelfachfrau Marisa in die Rolle der reichen Caroline, um das Herz des wohlhabenden Politikers Christopher (Ralph Fiennes) zu gewinnen. In Peter Segals („50 Erste Dates“, „Get Smart“) „Manhattan Queen“ spielt Lopez nun die Supermarktangestellte Maya, die beim Identitätswechsel zwar ihren Namen behält, diesem aber einen gefälschten Lebenslauf inklusive Harvard-Abschluss hinzufügt. Im Gegensatz zu Marisa in „Manhattan Love Story“ geht es Maya hierbei allerdings nicht um die Gunst eines Mannes, sondern um beruflichen und sozialen Aufstieg. „Manhattan Queen“, der nun auf Blu-ray und DVD erscheint, verzichtet fast vollständig auf eine Liebesgeschichte und konzentriert sich stattdessen auf die Karriere der Protagonistin und ihre Beziehung zu Kollegin Zoe (Vanessa Hudgens, „Spring Breakers“). Das gender- und gesellschaftskritische Potential, das sich aus der Abkehr vom klassischen Aschenputtel-Plot ergeben könnte, wird jedoch kaum genutzt, und die schablonenhaft anmutenden Charaktere können mit ihren platten Sprüchen und inhaltsleeren Lebensweisheiten weder wirklich erheitern noch ernsthaft berühren.

Maya Vargas (Lopez) arbeitet seit 15 Jahren in einem Value Shop-Supermarkt in Queens. Dank ihrer Erfahrung verfügt sie über viele clevere Ideen und hat ihrer Filiale schon mehrere Umsatzsteigerungen beschert. Als Maya sich um die Stelle der Filialleiterin bewirbt, erhält jedoch ihr Mitbewerber Arthur (Dan Bucatinsky, „Scandal“) den Job, obwohl er kaum Erfahrung und noch weniger Gespür für die Bedürfnisse von Mitarbeiter*innen und Kund*innen mitbringt. Der Grund: Im Gegensatz zu Maya, die als Pflegekind aufgewachsen ist und die Schule früh abgebrochen hat, verfügt Arthur über einen Universitätsabschluss. Als die völlig niedergeschlagene Maya kurz darauf ihren 40. Geburtstag feiert, hat ihr Patensohn Dilly (Dalton Harrod, „The Miseducation of Cameron Post“) eine ganz besondere Geschenkidee. Der IT-Profi erstellt verschiedene Social-Media-Profile, auf denen Maya als Mandarin sprechende Harvard-Absolventin mit perfektem Lebenslauf präsentiert wird. Dank dieser neuen Identität kann Maya einen Job als Topberaterin bei der angesehenen Kosmetikfirma Franklin & Clarke ergattern. Zoe (Vanessa Hudgens), die Tochter des CEOs, steht den originellen Ideen ihrer neuen Kollegin skeptisch gegenüber und fordert sie kurzerhand zum Duell um die beste Naturkosmetiklinie heraus. Während sich Maya kopfüber in die Arbeit stürzt, beginnt es sowohl in der Beziehung zu ihrem Freund Trey (Milo Ventimiglia, „Creed II“) als auch in ihren Freundschaften zu kriseln.

Positiv fällt zunächst auf, dass „Manhattan Queen“ das Konkurrenzverhältnis zwischen Maya und ihrer Kollegin Zoe überaus genreuntypisch inszeniert. Die beiden Frauen überbrücken ihre Differenzen relativ schnell und finden durch Kommunikation auf Augenhöhe zu respektvoller und produktiver Zusammenarbeit. Schon bald stellt sich allerdings heraus, dass die Annäherung letztlich nur als Vorbereitung dazu dient, die in der Vergangenheit liegende Verbindung zwischen den beiden zu offenbaren. Und so liest sich der Bruch mit der Rom-Com-Genrekonvention des klassischen „Zickenkriegs“ zwischen zwei Frauen nicht mehr als mutige Absage an überkommene Geschlechterstereotype, sondern lediglich als wenig raffinierter Kniff, einen zweiten Handlungsstrang in die Geschichte zu integrieren. Auch dass Maya keine Kinder will und deshalb sogar einen Streit mit Freund Trey in Kauf nimmt, ist nicht auf eine bewusste Entscheidung ihrerseits, sondern auf ein Trauma aus ihrer Vergangenheit zurückzuführen. Die Nebencharaktere lassen leider ebenfalls keine Abwendung von stereotypen Vorstellungen erkennen, eher im Gegenteil. Mayas Kolleginnen aus dem Supermarkt (Leah Remini, „King of Queens“, Lacretta, „Gotham“ und Dierdre Friel, „Little Boxes“) sind nicht nur laut und überwiegend korpulent, sondern auch unfähig, Harvard von Hogwarts zu unterscheiden oder mit einem Mann zu sprechen, ohne ihn sofort aggressiv anzuflirten. Ähnlich klischeehaft sind Ariana (Charlyne Yi, „Beim Ersten Mal“) und Chase (Alan Aisenberg, „Orange Is The New Black“), Mayas Mitarbeiter*innen im Kosmetikinstitut, dargestellt. Optisch sofort als typische Nerds erkennbar, bringen sie natürlich auch Zwangsneurosen und spezielle sexuelle Vorlieben mit.

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Wie perfekt sich Maya im Gegensatz hierzu in die Hochglanzwelt des Kosmetikkonzerns einfügt, ist wirklich erstaunlich. Abgesehen von ihrem Lebenslauf muss sie kaum etwas verändern, um sich den selbstbewussten und edel gekleideten Führungskräften anzugleichen. Ihre ohnehin schon perfekte Frisur tauscht sie einfach gegen eine andere perfekte Frisur, und aus ihrem ohnehin schon schicken Outfit wird ein anderes schickes Outfit. Auch ihr Auftreten ist von Beginn an so souverän und ihre Ausdrucksweise so eloquent, dass ihre Mitarbeiter*innen sofort ihre Autorität anerkennen. Doch genau hier liegt leider das größte Problem von „Manhattan Queen“. Mit ihrem natürlichen Habitus passt Maya so hervorragend in ihre neue Umgebung, dass es kaum Reibungspotentiale gibt, aus denen sich amüsante oder spannende Momente ergeben könnten. Mayas Kolleginnen Joan, Suzi und Big Ant hätten mit ihrer saloppen Ausdrucksweise und ihren fülligeren Figuren mit Sicherheit für größere Aufruhr in der steifen High Society gesorgt und dem Publikum von „Manhatten Queen“ damit bestimmt auch mehr Spaß beschert.

Gleichzeitig wirft „Manhattan Queen“ aber eine interessante Frage auf, nämlich die, ob die hohe Bedeutung, die Bildungsabschlüssen für gesellschaftlichen Aufstieg zugewiesen wird, überhaupt gerechtfertigt ist. Aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung weiß Maya genauso gut wie (oder sogar besser als) ihre studierten Kolleg*innen, wie sich Kosmetikprodukte optimal vermarkten lassen. Auch die zahlreichen Zusatzqualifikationen von Arthur (Mayas Konkurrent im Rennen um die Filialleitung im Supermarkt) erweisen die sich in der Realität als vollkommen nutzlos. Als der zertifizierte Spezialist für Teambildung seine Mitarbeiter*innen mit einem Baguette zu Rittern einer eingeschworenen Tafelrunde schlagen will, erntet er nur verwirrte Blicke. Mayas IT-begabter Patensohn Dilly macht eigentlich einen guten Punkt, während er laut darüber nachdenkt, sein Studium in Standford zu schmeißen: „Warum vier Jahre vergeuden für ein Papier, auf dem steht, dass ich etwas machen kann, das ich jetzt schon draufhabe?“ Mayas Chef Mr. Weiskopf (Larry Miller, „Get Smart“) scheint die Antwort darauf jedenfalls nicht zu kennen. Als Maya ihn fragt, wieso sie unbedingt einen Uniabschluss benötigt, um Filialleiterin zu werden, wechselt er einfach schnell das Thema. Die in gewisser Hinsicht wohl durchaus berechtigten Zweifel am Sinn hoher Bildungsabschlüsse konsequent weiterzuverfolgen, traut sich „Manhattan Queen“ dann aber doch nicht. Mit einer kurzen Ansprache kann Maya Dilly davon überzeugen, sein Studium fortzusetzen und „nicht die gleichen Fehler“ wie sie zu machen. Und als ihr eigener Schwindel schließlich auffliegt, kann sie den Job in der Kosmetikfirma nicht behalten, obwohl sie dieser Millionen eingebracht hat.

So gut sich Maya in der „oberen Liga“ auch geschlagen hat: aufgrund ihrer Herkunft und ihres Lebenslaufs kann sie eben doch nie wirklich dazugehören. Die Binsenweisheiten, die Maya und ihre Freunde unentwegt herunterbeten („Nur einer ist dazu fähig, dich aufzuhalten. Du selbst“ oder „Es sind nicht unsere Fehler, die uns im Weg stehen, sondern unsere Ängste“) erscheinen angesichts dessen nicht nur einfallslos, sondern schon fast zynisch. Denn es sind ja eben nicht Mayas Fähigkeiten oder ihr Verhalten, sondern gesellschaftliche Strukturen und Erwartungen, die ihrem beruflichen und sozialen Aufstieg entgegenstehen. Welche Rolle es spielt, dass Maya nicht nur Schulabbrecherin, sondern auch eine Woman of Color ist, wird leider nicht thematisiert, obwohl hierüber sicherlich einiges hätte gesagt werden können. Dass Maya letztendlich trotzdem glücklich wird (durch eine wie aus dem Nichts auftauchende Lösung), versteht sich von selbst.

© Tobis / Universum Film

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Ein Stück weit retten kann sich „Manhattan Queen“ dank seiner engagiert aufspielenden Darsteller*innen. Neben Jennifer Lopez verstehen es vor allem Leah Remini, Charlyne Yi und Alan Aisenberg, ihren schablonenhaft angelegten Charakteren wenigstens einige individuelle Züge zu verleihen und auch in den komödiantisch am wenigsten gelungenen Momenten einen gewissen Charme zu versprühen. Insgesamt ist „Manhattan Queen“ jedoch trotz seiner gut aufgelegten Darsteller*innen sowie einiger interessanter Gedanken zur Frage, was Qualifikation eigentlich wirklich bedeutet, eine wenig amüsante und deutlich zu zahme Komödie, die kaum lange im Gedächtnis bleibt.

Autorin: Johanna Böther

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