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Man of Steel (2013) Review

Heiß erwartet, viel beschworen! Ein Reboot des „Superman“- Franchises als Blockbuster-Hit des Sommers, vereint gestemmt von zwei Visionären der Gegenwart: Zack Snyder und Christopher Nolan, ersterer auf dem Regie-, letzterer in diesem Fall auf dem Produzentenposten. Ein extrem effektives Marketing mit Trailern, die glänzend aussahen und niemals zu viel über den Film verrieten. Und nachdem Nolan bereits das „Batman“-Universum wieder geerdet hatte, waren die Erwartungen immens hoch, eine düstere und eher realismusbezogene Variante des vermutlich bekanntesten Superhelden der Welt zu erblicken. Das Ergebnis der kreativen Kollaboration Snyder/Nolan im Zusammenspiel mit Drehbuchautor David S. Goyer lässt sich wohl am besten mit folgenden Worten beschreiben: Style without Substance!

Da sein Heimatplanet Krypton dem Untergang geweiht ist, sendet der Wissenschaftler Jor-El (Russell Crowe) seinen Sohn Kal-El in einer Rettungskapsel zum Planeten Erde. Dort wächst dieser unter dem Namen Clark Kent (Henry Cavill) bei seinen Pflegeeltern Martha (Diane Lane) und Jonathan (Kevin Costner) heran, besitzt jedoch außergewöhnliche übermenschliche Fähigkeiten. Nach dem Tod seines Adoptivvaters treibt Clark auf der Suche nach seiner wahren Herkunft durch die Welt. In der Arktis wird er fündig und trifft dort zugleich auf die Reporterin Lois Lane (Amy Adams), welche in ihm eine Story wittert. Doch bald darauf droht Gefahr durch General Zod (Michael Shannon), ein weiterer überlebender Kryptonier, welcher sich kurz vor dem Ende des Planeten mit Jor-El überworfen hatte und nun dessen Sohn sucht. Eine Schlacht beginnt, die das Ende der Welt bedeuten könnte…

„Man of Steel“ ist kein schlechter Film. Die Optik ist schlichtweg herausragend, den Bildern sieht man ihre CGI-Herkunft nicht an, die Actionsequenzen arten nicht in unnötige Schnittgewitter aus, sind extrem gut choreografiert und bestehen netterweise nicht nur aus Weltraumschlachten, sondern setzten auch die Protagonisten mithilfe einer Supermenschen-Prügel-Orgie nach der anderen hervorragend in Szene. Der krachende Score von Hans Zimmer tut sein Übriges, bietet zwar im Vergleich zu „The Dark Knight Rises“ nicht viel neues, ist jedoch für Freunde des gepflegten Bombast-Soundtracks ein wahrer Ohrenschmaus. Die Exposition wird glücklicherweise nicht in wenigen Minuten abgehandelt, auch durch die in Teilen geschickte Verschachtelung der Zeitebenen erfahren eigentlich alle Protagonisten eine in gegebenem Rahmen mehr oder minder ausreichende bis gute Charakterisierung, was dem Zuschauer Zeit gibt, in das neu gestaltete Universum einzutauchen. In dem Moment jedoch, als Clark zum ersten Mal zu Superman wird, fällt der ganze Film rapide ab und auch noch so viel Hochglanz-Action kann nicht über die massiven dramaturgischen Schwächen hinwegtäuschen.

Neue Maßstäbe kann „Man of Steel“ daher zumindest in filmischen Gesamtkontexten beileibe nicht setzen, zu schwach sind die Drehbucheinfälle, zu gehetzt schreitet die Handlung teilweise voran. Blickt man auf die Verbindung von Dramaturgie und Stil, gelang Snyder sogar mit „Sucker Punch“ ein innovativerer Film. Eventuell ist dies auch nicht hundertprozentig ihm zuzuschreiben, schließlich stammt das Drehbuch, wie erwähnt, von David S. Goyer. Und dass dieser sich innerhalb eines Films etwa fünf Mal auf dramaturgische Kniffe besinnen muss, die aufgrund einer mangelnden Verankerung in der Story über das Wirken einer reinen „Deus Ex Machina“-Funktion nicht hinausgehen, ist einer massiven Kritik würdig. Etwas mehr Kreativität wäre zumindest bei einem Film solcher Größenordnung wünschenswert gewesen. Sollte Goyer, wie mancherorts spekuliert, nun tatsächlich zum Mastermind hinter einem etwaigen DC-Comics-Justice-League-Universum werden, kann sich die Marvel-Konkurrenz bei gleichbleibender Qualität ihrerseits auf entspannte und erfolgreiche Zeiten einstellen.

Auch bezüglich seines Subtexts ist „Man of Steel“ schwierig, er setzt dem in vielen Filmen der letzten Zeit zu beobachtenden Zerfall der Gesellschaft die Idee der einigenden Kraft eines zentralen Anführers entgegen, ein politisch nicht ganz unbedenkliches Konzept. Hier war Christopher Nolan sogar mit „The Dark Knight Rises“ weiter, auch wenn allein schon durch den mit Graufilter erzeugten Farbton des Films eine gewisse Düsternis in die Handlung gebracht wird, die den quietschbunten Verfilmungen mit Christopher Reeve aus den 1970er- und 1980er-Jahren diametral entgegensteht. Freilich lässt sich Superman schon in seiner Comic-Grundanlage als Wunsch einer Personifikation der USA sehen, die der Welt ihren Weg weisen muss, damit diese nicht in den Abgrund stürzt. In „Man of Steel“ geht die Bedrohung dabei wieder einmal von Terroristen jenseits der eigenen Gesellschaft aus („Star Trek Into Darkness“ lässt grüßen), Superman wird am Ende vom Militär sogar gefragt, wie man denn sicherstellen könne, dass er nicht gegen Amerikas Interessen handle. Anstatt jedoch diese Stelle für ein progressives Statement zu nutzen, dass die Welt aus mehr als nur einem geografischen Element besteht, antwortet der Mann aus Stahl lediglich lapidar, dass er in Kansas aufgewachsen sei und es amerikanischer ja wohl nicht ginge. Anderweitige Interessen? Fehlanzeige. Selten war die verzerrte US-eigene Weltsicht der gedanklichen Gleichsetzung von USA und Rest der Erde so eindeutig wie in den „Superman“-Filmen (vielleicht noch in „Armageddon“). Jedoch wären eigentlich sowohl Nolan als auch Snyder intelligent genug, sich nicht einem derart tumben Patriotismus hinzugeben, sondern diesen Mythos durch innovative Elemente zu dekonstruieren. Leider bleibt es hier beim Konjunktiv.

Auch wird als träumerische Abgrenzung zu allen realpolitischen Krisenmomenten wieder der „American Dream“ beschworen; jegliches Schicksal ist natürlich frei wählbar, auch wenn es dummerweise kurz in den Dienst des großen Ganzen gestellt werden muss. Um diese Idee nochmals zu unterstreichen, wird der Erde in Gestalt von Krypton ein diktatorisches System entgegengestellt, innerhalb dessen schon vor der (künstlichen) Geburt über Status und Klasse des späteren Lebewesens entschieden ist. Dass die Erde nun als dessen Gegenteil der freien Wahl von Lebensstil und Schicksal gezeichnet wird, ist nicht weniger als filmischer Schwachsinn. Auch Supermans Ideologie wirkt teils verwunderlich: Gerade noch der Beschützer einzelner Menschen, die er in freiem Flug auffängt, zerlegt er im Kampf mit General Zod und dessen Schergen ganze Dörfer und halbe Großstädte ohne Rücksicht auf jegliche Verluste. Konsequent ist anders.

Henry Cavill spielt seine Doppelrolle recht gut, auch wenn ihm ein gewisser pathetischer Ausdruck in einigen Szenen abgeht. Amy Adams hingegen schafft es, ihre Lois Lane mit einer von Entschlossenheit getriebenen Energie zu verkörpern, welche die von Superman teilweise in den Schatten zu stellen scheint. Daneben ist es schön zu sehen, dass Russell Crowe seine schauspielerischen Fähigkeiten nicht am Set von „Les Misérables“ verloren hat. Kevin Costner bleibt leider nicht wirklich haften, Michael Shannon als Bösewicht hinterlässt jedoch allein durch seine Augen schon einen bleibenden Eindruck und kann vielleicht als ein erster Schritt in Richtung einer Lösung des Antagonistenproblems vieler aktueller Superheldenfilme gesehen werden; ein zweiter findet sich in der deutschen Schauspielerin Antje Traue, welche als Zods Helferin Faora die fast perfekte Bösartigkeit verkörpert.

Als Actionfeuerwerk funktioniert „Man of Steel“ ohne Frage, als ein das Genre revolutionierender Superheldenfilm jedoch keinesfalls. Wer sich spektakulärer Krach-Bumm-Optik hingeben will, ist mit diesem Film definitiv perfekt bedient, Freunde elaborierter Dramaturgie sind hier allerdings völlig falsch. Dies wäre bei einer Comicverfilmung unter vielen nicht weiter ins Gewicht gefallen, aber bei einem Werk, welches aufgrund der hinter ihm stehenden Namen und des trefflichen Marketings derart hohe Erwartungen seitens der Zuschauerschaft geweckt hat, ist es eine massive Enttäuschung. Dass Snyder und Nolan es besser können, haben sie schon beide bewiesen, bitte bei „Man of Steel 2“ (angekündigt für 2014) mehr dramaturgische Finesse hinter dem Style!

Autor: Jakob Larisch

One Response to “Man of Steel (2013) Review”

  1. 1
    Mahalo Says:

    Super Review, ich muss dir aber in einem Punkt widersprechen: Der Film hat 175 Mio Euro gekostet. Was für Stümper müssten sich da ans Werk machen, damit der Film optisch nichts hermacht?
    Die guten ersten 20 Minuten wurden vom restlichen Film komplett an die Wand gefahren.

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