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Krieg der Götter 3D (2011) Review

Stilist. Visionär. Geschichtenerzähler. All diese Beschreibungen treffen durchaus auf den Regisseur Tarsem (Dhandwar Singh) zu. Jeder neue Film des indischstämmigen Regisseurs wird seit seinem Debut „The Cell“ (USA 2000, mit Jennifer Lopez und Vincent D’Onofrio) mit Spannung erwartet. Der ehemalige Videoclipregisseur (u.a. „Losing my religion“ von R.E.M.) legt mit „Krieg der Götter“ allerdings erst seine dritte Regiearbeit vor. Nachdem der ambitionierte, märchenhafte Bildersturm „The Fall“ trotz der Tatsache, dass er beim Sitges Fantasyfilmfestival als bester Film ausgezeichnet worden ist und auch generell eher wohlwollende Kritiken erhielt, überaus spektakulär am Boxoffice scheiterte, ist es umso verwunderlicher, dass „Krieg der Götter“ nun mit einem stattlichen Budget von mindestens 75 Millionen $ realisiert worden ist (andere Quellen sprechen sogar von 120 Millionen $, was anhand der 3D-Effekte wohl durchaus realistischer erscheint). Vielleicht ist dies aber eher darauf zurückzuführen, dass griechische Heldenepen seit „300“ (Zack Snyder, USA 2007) und „Kampf der Titanen“ (Louis Leterrier, USA 2010) voll im Trend liegen.

Doch nun erst mal zur Story: König Hyperion (Mickey Rourke) hat Frau und Kind verloren und macht die Götter für dieses tragische Schicksal verantwortlich. Auf seinem nun folgenden blutigen Feldzug durch Griechenland kennt er kein Erbarmen und nur ein Ziel: Er will den sagenumwobenen Epeiros-Bogen finden, um mit ihm die Titanen aus ihrem Gefängnis im Berg Tartaros zu befreien, sodass diese die Götter vernichten. Und wie es in der griechischen Mythologie nun mal üblich ist, gibt es natürlich nur einen (von den Göttern auserwählten) Helden, der den Tyrannen stoppen kann: Theseus (Neu-Superman Henry Cavill). Denn den Göttern ist es nicht erlaubt, aktiv handelnd und/oder kämpfend in die Geschicke der Menschen einzugreifen. Doch Theseus‘ Handeln ist erst einmal ganz anders motiviert: Seine Mutter fiel durch die Hand von König Hyperion. Theseus selbst wurde versklavt, doch es gelang ihm, zu fliehen und fortan sinnt er nur noch auf Rache. Auf seiner Helden-Reise erhält er unter anderem Unterstützung von der Seherin Phaedra (Freida Pinto) und dem Dieb Stavros (Stephen Dorff).

Eins vorweg: Tarsem erzählt zwar eine Geschichte und jeder, der sich für griechische Mythologie begeistern kann wird diese wohl auch mehr oder minder ausreichend interessant finden, aber die Dramaturgie ist doch sehr simpel gehalten. Was meines Erachtens dem Film aber nur zu Gute kommt oder ihm zumindest nicht sonderlich schadet, obwohl sich dadurch auch einige Logiklöcher ergeben, die man dann eben als solche hinnehmen muss. Auch der Zugang zu den Charakteren wird eben aufgrund der gewählten Dramaturgie ein ums andere Mal erschwert, dennoch sollte man dieses Manko in Kauf nehmen und trotzdem ein Ticket für den Film lösen, denn man wird mit einem außerordentlichen Bildersturm belohnt. Und eben genau darin, in den Bildern, offenbart sich Tarsems Stärke.

Mit seinem unbedingten Stilwillen drückt Tarsem dem Film seine ganz eigene Handschrift auf und hebt ihn so aus der Masse hervor. Das ausgefeilte Spiel mit den Farben, die Symmetrien in den Kameraeinstellungen, die kunstvollen Blenden, die ausufernden Zeitlupen, die eigenwilligen Kostüme sowie die beeindruckenden und kreativen Sets weisen „Krieg der Götter“ als Film aus, bei dem eben nur Tarsem der Regisseur sein kann.

Das Marketing rund um „Krieg der Götter“ wirbt damit, dass der Film vom selben Produzententeam stammt wie Zack Snyders hyperstylisches und brachiales Spartanerepos „300“ und Vergleiche mit diesem Film liegen natürlich klar auf der Hand, gerade wenn man an die ähnliche Thematik und die Gemeinsamkeiten in der Nutzung der Stilmittel denkt. Und ja, an vielen Stellen fühlte ich mich (manchmal gar etwas zu deutlich) an Snyders Ästhetik erinnert, gerade in den „Metzel-Zeitlupen-Sequenzen“, die teilweise sogar die gleichen Kamera-Einstellungen und –Bewegungen aufweisen. Bedenkt man allerdings, dass Snyder und Tarsem am „Art Center College of Design“ in Pasadena die selbe Klasse besuchten (Random Movie Wisdom Fact Nr.137), scheint es dann auch irgendwo genau darin begründet, dass beide eine durchaus ähnliche Ästhetik in ihren Filmen aufweisen und dass Tarsem daher vielleicht sogar absichtlich einige Referenzen an Snyders „300“ eingebaut hat, sozusagen als Gruß und Hommage. Allerdings ist es auch möglich, dass hier eben die Produzenten ganz aus finanzieller Kalkulation heraus ihre Finger im Spiel hatten, doch seien diese Spekulationen nun mal dahingestellt.

Im Vergleich mit „300“ muss aber unbedingt erwähnt werden, dass Tarsems Film noch weitaus und fast schon übertrieben brutaler ist. Da werden Gliedmaßen, Gedärme und Schädel zerrissen, zermatscht und zerhackt bis auch der letzte Splatterfreund zufrieden gestellt worden ist. Kritisieren lässt sich hierbei allerdings, dass eben jene Effekte doch etwas zu ausufernd zelebriert werden, gerade die (wohl auch bewusst) übertriebene Künstlichkeit fällt bei längerem Hinsehen doch eher negativ ins Gewicht, obwohl die Kämpfe trotz allem Gemetzel höchst ästhetisch choreographiert sind. Hier wäre weniger dann vielleicht im Endeffekt doch mehr gewesen. Tarsems Talent liegt wie bereits erwähnt im Visuellen, mehr von den monumentalen, statuen- und gemäldegleichen, perfekt durchkomponierten Bildern (erwähnt seien hierbei nur einmal die Szenen im Olymp, die sich hinter Athene aufbäumenden Pferde und die „Schlacht im Himmel“) hätten dem Film besser zu Gesicht gestanden als das etwas zu lange Splatterinferno.

Schauspielerisch wird zwar niemand groß gefordert, es sei an dieser Stelle aber erwähnt, dass alle ihre Sache souverän und überzeugend meistern, am positivsten sticht wohl Luke Evans in der (göttlichen) Gestalt des Zeus hervor. Bevor ich nun meine Rezension langsam aber sicher zum Abschluss bringe, möchte ich noch kurz auf die 3D-Effekte zu sprechen kommen. In gleich mehreren Einstellungen (darunter z.B. das Gespräch zwischen Phaedra und Theseus inmitten einer von Öl bedeckten Umgebung) kommen die Effekte fantastisch zur Geltung und geben der ganzen Szenerie eine beeindruckende räumliche Tiefe. Im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass „Krieg der Götter“ einer der ganz wenigen Filme ist, die mich mit ihren 3D-Effekten wenigstens ein paar Mal zu begeistern wussten. Doch nun zum versprochenen Abschluss meiner Besprechung.

Ich wage einmal zu behaupten, dass Tarsems Stil sicherlich nicht jedermanns Geschmack ist, gerade die Vorlieben des Regisseurs im Bereich des Kostümdesigns dürften bei vielen Betrachtern wohl eher Kopfschütteln denn Begeisterung auslösen. Gerade die Kleider der Priesterinnen schrammen nur haarscharf an der Grenze zur Lächerlichkeit vorbei. Doch hierbei gilt wie dann auch für den Rest des Films: Hate it or love it. Die Kritik an der Dramaturgie ist zwar durchaus gerechtfertigt, ich für meinen Teil muss allerdings sagen, dass ihre Schlichtheit aber eben auch wegen der Prämisse des Films bedingt ist und dass sie deshalb nicht allzu negativ bewertet werden sollte. „Krieg der Götter“ will ein visuell berauschendes, martialisches Fantasyactionspektakel sein – nicht mehr und nicht weniger. Tarsems neuestes Werk ist daher auch style over substance in Reinkultur geworden und um es mal ganz klar auf den Punkt zu bringen: der Film ist ultrabrutaler, kunstvoller Actionbombast – epischer Scheiß, im besten Sinne! Tarsem selbst sagt, er habe sich an Bildern der Renaissance orientiert und „Krieg der Götter“ sei „Caravaggio meets Fight Club“. In stilistischer Hinsicht ist dem nichts hinzuzufügen.


Via Youtube

Autor: Markus Schu

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