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DUFF – Hast du keine, bist du eine (2015) Review

© capelight pictures

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Die Jugendsprache schlägt manchmal seltsame Kapriolen und man merkt, dass man alt wird, wenn man so etwas zum Besten gibt. Gerade im Zeitalter von Chatsprache sind Akronyme besonders beliebt, also die Zusammenführung von Anfangsbuchstaben einer Wortgruppe, beispielsweise YOLO („You Only Live Once“, Rechtfertigung für einen hedonistischen Lebensstil, Jugendwort des Jahres 2012 und immer noch in Gebrauch). Dann gibt es wiederum Akronyme, die weniger geläufig sind, zumindest außerhalb der USA, und vermutlich ist dies der Grund, dass der Filmtitel „DUFF“ sowohl im Trailer als auch zusätzlich auf dem deutschen Filmplakat eine Erläuterung erfährt: Er steht als Akronym für „Designated Ugly Fat Friend“ (etwa: ausgewiesen hässliche/r, fette/r Freund/in) und bezeichnet (scheinbar objektiv feststellbar) die am wenigsten attraktive Person einer Gruppe von Freunden, deren Aussehen die restlichen Gruppenmitglieder im Vergleich dazu in ihrer Erscheinung hebt. Nun ja. Dass sie eine solche zu sein scheint, diesen Schock muss Bianca (Mae Whitman) erst einmal verkraften, als ihr Nachbar und Kindheitsfreund Wesley (Robbie Amell) sie damit konfrontiert, will es jedoch nicht auf sich sitzen lassen und setzt alles daran, den DUFF-Status aufzugeben. Was daraus folgt, ist zwar kein wahnsinnig innovativer Film, aber nichtsdestotrotz eine reizvolle, durchweg unterhaltsame und exzellent gespielte Highschool-Komödie geworden.

Im Mittelpunkt der Story steht dabei ein Tauschhandel: Bianca bietet Wesley, der schlecht in Chemie ist, an, ihm beim Lernen zu helfen, damit dieser seinen Abschluss schafft und so sein Football-Stipendium erhalten kann. Im Gegenzug hilft er ihr, das DUFF-Sein hinter sich zu lassen, damit sie ihren Schwarm Toby (Nick Eversman) erobern kann, nachdem sie vorher ihre beiden konsternierten Freundinnen Jess (Skyler Samuels) und Casey (Bianca A. Santos) abserviert hat. Ein Problem stellt dabei lediglich Schulzicke wie Wesleys Ex-Freundin Madison (Bella Thorne) dar, deren größte Sorge eine schlechte Internet-Publicity ist und die Bianca aus Eifersucht das Leben nicht gerade leicht macht. First things first: Die Handlung um sich anziehende Gegensätze ist natürlich arg vorhersehbar und man kann sich nach etwa einer Viertelstunde denken, wie das Ganze ausgeht. Woran liegt es nun, dass „DUFF“ trotzdem unterhaltsam sowie letztlich fast spannend bleibt und sich im Sub-Subgenre der Teenie-Highschool-Komödie als ein Vertreter der durchaus besseren Art positionieren kann?

So ironisch es klingt, aber zunächst liegt dies am Drehbuch. Bietet die alles umspannende Story wenig Überraschungen, so sind die einzelnen Dialoge doch auf den Punkt geschrieben, die Gags im Zweiminutentakt zünden nahezu alle und das Wortwechsel-Feuerwerk erinnert in seinen besten Momenten an Screwball-Comedies alter Schule. Auch die liebevoll eingearbeiteten Film-Referenzen, sowohl auf Gesprächsebene wie auch in den Bildern tragen zu einer Art Meta-Unterhaltungswert bei, der den Konsum des Filmes umso spaßiger macht. Regisseur und Langfilmdebütant Ari Sandel garniert das Ganze zusätzlich mit netten Regieeinfällen, häufig greift er grafisch ins Bild ein, um Dinge zu verdeutlichen, etwa wenn er die einzelnen Figuren vorstellt oder den auf einer Tafel gezeichneten Plan für das perfekte Date auf den imaginären Filmstreifen überträgt. Auch der musikalische Einsatz von „Freude schöner Götterfunken“, wenn Bianca eine Zusage zu einem Date erhält oder pumpender HipHop, wenn sie regelmäßig in Tagträume verfällt, in welchen sie ihre Schüchternheit überwindet, sind zielsicher gesetzt und tragen maßgeblich zur launigen Atmosphäre bei.

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Das größte Plus von „DUFF“ sind jedoch mit Abstand die Schauspieler, welche merklich Spaß beim Dreh hatten und sich durch die Bank weg die Seele aus dem Leib spielen, allen voran Mae Whitman, die eine unfassbar grandiose Bianca aufs Parkett legt. Diese Frau sollte man im Auge behalten, innerhalb eines dramaturgisch eigentlich begrenzten Rahmens holt sie das Maximum aus ihrer Figur heraus, die man nach zwei Minuten bis zum Schluss ins Herz schließt. Zusammen mit Robbie Amell gibt sie ein kongeniales Duo ab, was durch Bella Thorne als bewusst overactender Bitch im Hauptberuf komplettiert wird. Zusätzliche Erwähnung sollte hierbei noch Allison Janney in ihrer kleinen, aber einprägsamen Rolle als Biancas Mutter finden, die sich ihren Unterhalt als wandelnder Lebensratgeber verdient und ihre Inspiration dabei aus den „Simpsons“ zieht, sowie Ken Jeong als Lehrer, der es mit nur drei Szenen schafft, dem Film einen kleinen Stempel aufzudrücken. Wenn er Bianca mit einem schizophren anmutenden Zwiegespräch davon überzeugt, einen Artikel für die Schülerzeitung zu schreiben, dann bleibt kein Auge trocken.

Doch wie halten Sie es mit der Moral, „DUFF“? Schließlich sind Highschool-Filme, dieses so maßgeblich US-amerikanisch geprägte Genre, ein zweischneidiges Schwert, rutschen sie doch allzu häufig in Klischees oder flache Wertvorstellungen ab. Dass Mae Whitman weder „fat“ noch „ugly“ ist, sondern schlicht ein sympathisches Nerd-Girl mit „I don’t give a fuck“-Attitüde und Vorliebe für Horrorfilme, wird von Wesley bereits während des Filmes verdeutlicht, als er ihr auf entsprechende Vorwürfe, er habe sie fett und hässlich genannt, erklärt, dass die Bezeichnung DUFF lediglich als Vergleichsmoment dient und nicht alle Kategorien notwendigerweise erfüllt werden müssen. Dies ändert nichts an der generellen Fragwürdigkeit des Terminus‘, der Film zieht sich jedoch durch die Behandlung dieser Fragestellung selbst aus der diesbezüglichen Schusslinie. Ohne in Bezug auf das Ende zu viel vorwegnehmen zu wollen, sei zudem angemerkt, dass „DUFF“ sich netterweise nicht die zweifelhafte Botschaft à la „Grease“ zu eigen macht, man müsse sich erst vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan wandeln, um akzeptiert zu werden und auch nicht in eine platte Indie-Hipster-„Be Yourself“-Moral à la „The F-Word“ abrutscht, man solle sich nur indefinit zwischen allen Welten bewegen können, um sich vollends selbst zu finden. Nein, der Film leistet hinsichtlich des im 21. Jahrhundert verstärkt geführten Diskurses um die Grenzen von Subjekt und Identität tatsächlich einen wertvollen Beitrag: Biancas Identität steht fest, sie gibt sie nicht auf, sie lässt sich klar definieren und auch im positiven Sinne abgrenzen. Das macht sie als Person interessant und als gesellschaftlichen Bestandteil so wertvoll.

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Regisseur Ari Sandel schafft es, einen sehr klassischen filmischen Topos adäquat aufzumotzen und ihn in eine über die komplette Laufzeit durchweg sehr unterhaltsame Komödie zu gießen: „DUFF“ ist ein äußerst charmanter und sehr witziger Streifen, welcher maßgeblich von seiner brillanten Hauptdarstellerin profitiert. Ein Film, der das Herz definitiv am rechten Fleck hat. Wie sagt doch Bianca an einer Stelle? „Crazy amazing.“

Autor: Jakob Larisch

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