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Mr. Holmes (2015) Review

© Alamode Film

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Dass Demenz keine sonderlich lustige Angelegenheit ist, dürfte den meisten Lesern (Til-Schweiger-Fans mal ausgenommen) vertraut sein. Und wenn Demenz eine Person trifft, die sich ihr gesamtes Leben lang hauptsächlich über ihren messerscharfen Verstand definiert hat, ist die verheerende Wirkung sogar noch größer. Regisseur Bill Condon hat diese Idee auf die Spitze getrieben, indem er den allseits beliebten Meisterdetektiv Sherlock Holmes als Opfer einer solchen Alterserkrankung auswählt und die Gründe für dessen Karriereabschied beleuchtet. Man begibt sich also gemeinsam mit dem von Ian McKellen grandios verkörperten Ermittler auf eine Reise in die Vergangenheit, um Licht ins Dunkel zu bringen.

Der Meisterdetektiv Sherlock Holmes (Ian McKellen) ist alt geworden. Mit 93 Jahren lebt er zurückgezogenen in seinem Landhaus in Sussex und widmet sich seinem Hobby, der Bienenzucht. Über die Jahre ist er aufgrund der beliebten Romane seines ehemaligen Kollegen John Watson zu einer Ikone geworden und im Kino sind Verfilmungen seiner spannendsten Fälle zu sehen. Ein Ruhm, mit dem der gealterte Holmes nur wenig anfangen kann. Ihn beschäftigt etwas viel Wichtigeres. Seit einiger Zeit macht ihm die Demenz zu schaffen und er wird immer wieder mit frappierenden Gedächtnislücken konfrontiert. So kann er sich auch nicht mehr an seinen letzten Fall – den Auslöser für seinen Abschied von der Ermittlerkarriere – und dessen Ausgang erinnern. Gemeinsam mit dem wissbegierigen Sohn (Milo Parker) seiner mürrischen Haushälterin Mrs. Munro (Laura Linney) versucht er, die Geschehnisse zu rekonstruieren…

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Vorsicht: Von der inszenatorischen Innovativität und Hektik der Benedict-Cumberbatch-Fälle oder den stylischen Bildern aus Guy Ritchies Holmes-Verfilmungen ist Bill Condons durchaus schwermütiger Film „Mr. Holmes“ meilenweit entfernt. Es handelt sich viel mehr um ein sensibles Drama, das über die gesamte Spieldauer ein ruhiges Erzähltempo wahrt und stellenweise sogar zu Tränen rührt. Darauf muss man sich definitiv einlassen und es wäre wenig verwunderlich, wenn viele „Sherlock Holmes“-Fans einen solchen Ansatz eher als langweilig denn als interessant empfinden. Doch wenn man aufgeschlossen an den Film herangeht, wird man mit einer ebenso cleveren wie faszinierenden Charakterstudie belohnt, die ihre Idee konsequent umsetzt und immer wieder zu überraschen weiß. Die Verantwortlichen nehmen die Figur nämlich tatsächlich ernst, entmythologisieren, wo sie nur können und vollbringen somit die Leistung, Sherlock Holmes wie einen echten Menschen wirken zu lassen.

Der Film arbeitet formal mit zwei Zeitebenen, die dem Verlauf einer Demenzerkrankung entsprechend immer wieder geschickt assoziativ miteinander verbunden werden. Während der 93-jährige Sherlock Holmes neben seiner großen Passion, der Bienenzucht, mit Hilfe eines kleinen Jungen verzweifelt versucht, sich an seinen letzten Fall zu erinnern, erlebt er selbigen auf der zweiten Zeitebene als ca 60-jährige Version seiner selbst. Das ist optisch wie schauspielerisch sehr gut gelöst worden und so man nimmt Ian McKellen beide „Rollen“ ohne Zögern ab. Generell besticht „Mr. Holmes“ durch eine grandiose Ensembleleistung und wäre schon allein aufgrund der darstellerischen Gesamt-Qualität eine Sichtung wert. Doch glücklicherweise braucht sich der Film auch inhaltlich nicht verstecken und sollte daher keinesfalls verpasst werden!

Autor: Jonas Hoppe

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