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Das Schwein von Gaza (2012) Review

In Zeiten von Mohammed-Schmäh Videos, Bibel- und Koranverbrennungen, islamistischem Terror und der vermeintlichen Bedrohung Israels durch den Iran gerät der Israel-Palästina Konflikt wieder mal in Vergessenheit.

Ein Glück gibt es Filmemacher, die sich trotz Allem diesem in erster Linie geopolitischen Problem annehmen und es als Stoff für publikumstaugliche Filme verwenden.

Im Falle von „Das Schwein von Gaza“ war es Sylvain Estibal, der sich das komplizierte Thema zu Herzen nahm und daraus einen skurrilen und zugleich politisch unkorrekten, aber lustigen Film gemacht hat.

Jafaar, gespielt von dem israelischen Schauspieler Sasson Gabai, ist Fischer im Gazastreifen. Durch die Quasi-Bevormundschaft der Israelis ist es ihm nicht erlaubt aufs offene Meer zu fahren, sondern darf mit seinem Netz nur die wenigen kleinen Fische an der Küste fangen.

Sein Leben beginnt sich schlagartig zu ändern, als er plötzlich ein dickes, schwarzes Schwein im Netz hat. Jafaar erlebt seine persönliche Gaza-Odyssee, denn es muss eine adäquate, am besten Profit bringende Lösung her für dieses dreckige Tier, das auf keinen Fall gesehen werden darf.

Man muss gar nicht viel von den verschiedenen Lösungsansätzen und der dadurch entstehenden Situationskomik erzählen, denn dafür lohnt es sich ins Kino zu gehen.

Auch den Trailer sollte man sich besser vorher nicht anschauen, denn wie so oft werden die besten Witze dort schon gezeigt.

Vielmehr sollte man wissen, dass „Das Schwein von Gaza“ ein zutiefst märchenhafter Polit-Film ist mit einem Humor, der teilweise an „Das Leben von Brian“ heranreicht. Inwieweit die Bilder und Lebensbedingungen realistisch dargestellt sind, sei dahingestellt. Estibal hat es jedenfalls geschafft trotz Ironie und Sarkasmus eine Art Gefängnis-Atmosphäre zu schaffen, die Anlass zum Nachdenken gibt. In vielen Einstellungen sind Zäune oder Mauern zu sehen. Die „freie Welt“ gibt’s nur im Fernsehen.

Aber nicht nur durch den Humor, der beide Seiten gleich schlecht bzw. gut wegkommen lässt, weiß der Film zu überzeugen.

Das Schwein als Bild für die Gemeinsamkeit der beiden Religionsgruppen, das in  den Augen aller Beteiligten so eklig und hässlich ist, dass es nicht mal ihren „heiligen Boden“ betreten darf, lässt viel Raum für Interpretation.

Es könnte als Bild für die Einmischung des Westens stehen, die keiner so wirklich will, weder die Israelis noch die Palästinenser. Oder als Bild für den Handel als neutralen Wert, der keinen kulturellen Schranken unterliegt: Durch das Schwein kommt Jafaar mit einer israelischen Siedlerin in Kontakt, wo er doch sonst nur Israelis in Uniform kennt.

Aus atheistischer Sicht könnte man das Schwein auch als Kritik an vielleicht überholten religiösen Befindlichkeiten verstehen. Eine der besten Szenen zeigt, wie sich beide Seiten gegenüberstehen, um über den Verbleib des Schweins zu streiten.

Wie wir alle wissen rückt ein Ende des real-existierenden Konflikts, in dem Schweine bestimmt nur eine Nebenrolle spielen, immer mehr in weite Ferne.

Der Film allerdings präsentiert eine pathetische Lösung, die den Zuschauer zwar warmen Herzens aus dem Kinosaal entlässt, wahrscheinlich aber politisches Wunschdenken ist für zwei Völker, die beide an der Krücke gehen.

Insgesamt kann man sagen, dass dieser Film als Schwein im Schafspelz daherkommt, denn ein solch im Grunde trauriges Thema wurde selten so unterhaltsam und am Ende irgendwie neutral-dreckig dargestellt.

Autor: Simon Oldenbruch

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