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Looper (2012) Review

Was hatte ich mich nach all den Vorschusslorbeeren doch auf Rian Johnsons dritten Spielfilm gefreut. Die Zeichen dafür, dass uns ein Hit ins Haus stehen würde, standen so gut: Joseph Gordon-Levitt hatte mich in Nolans „Inception“ und „The Dark Knight Rises“, sowie in Marc Webbs „(500) Days of Summer“ begeistert, Emily Blunt in „Der Plan“ und der charmanten Indie-Tragikomödie „Sunshine Cleaning“. Und zu Bruce Willis muss man ja eigentlich nichts mehr sagen. Der ist sowieso ein cooler Hund. Drei Filme, in denen Zeitreisen thematisiert werden, gehören zu meinen Favourites („Harry Potter und der Gefangene von Askaban“, „12 Monkeys“, „Donnie Darko“) und Science-Fiction zählt ohnehin zu meinen bevorzugten Genres. Schiefgehen? Was soll denn da bitte schön noch schief gehen. „Looper“ wird geil. Da war ich mir sicher. Doch weit gefehlt…

Die Kritikerreaktionen auf „Looper“ fielen geradezu überwältigend aus, vor allem im englischsprachigen Raum überschlugen sich die Journalisten mit ihren Lobtiraden auf den Film. Überall nur positive Rezensionen und zumeist auch ähnliche Zuschauerreaktionen. Publikum und Kritiker waren also fast einstimmig der Meinung, dass Johnson mit „Looper“ ganz klar einen DER Hits des Jahres 2012 vorgelegt hatte. Mich hat der Film allerdings nicht überzeugt. Und so stehe ich mit dieser Meinung in der Kritikerlandschaft ziemlich allein auf weiter Flur.

Bin ich denn jetzt zu blöd, um all die Qualitäten in „Looper“ zu erkennen, die fast alle anderen doch scheinbar in ihm sehen? Das mag vielleicht sein. Wenigstens hat es mich etwas beruhigt, dass ich auch mit anderen über den Film geredet habe und deren Urteil ähnlich vernichtend ausfiel. Denn „Looper“ blieb hinter meinen Erwartungen zurück und macht einfach zu viel falsch. Nein, eigentlich hat er mich sogar maßlos enttäuscht. Doch alles schön der Reihe nach. Für den nachfolgenden Teil erfolgt an dieser Stelle eine ausdrückliche Spoilerwarnung, wobei ihr den Film aber sowieso gesehen haben solltet, wenn ihr euch dazu entschließt, ab hier noch weiterzulesen.

Vier Dinge haben „Looper“ in meinen Augen zerstört:
1. Die missglückte Regie von Johnson, welche dem Film einen fast schon trashigen Touch verleiht.
2. Die Erhebung des Zeitreisethemas als zentrales Handlungselement des Films.
3. Die Dummheit der Charaktere.
4. Die Telekinese-Story.

Sei es nun die Inszenierung des Kindes bei seinen telekinetischen Ausrastern (welche dank Zeitlupe einfach nur unfreiwillig komisch wirken), die Schießerei zwischen Bruce Willis und den Schergen von Jeff Daniels (welche weder cool, noch dynamisch, noch sonst irgendwas ist), oder auch die fast schon befremdlich und gezwungen wirkenden Gags, die in der Geschichte irgendwie deplatziert erscheinen (bestes Beispiel: eine Tür schlägt Joes Gegenspieler Jesse gegen den Hinterkopf, wodurch dieser sich fast in den Fuß schießt, was dann mit der Anmerkung „Pass auf, du schießt dir sonst noch den anderen Fuß weg!“ (sinngemäße Wiedergabe) bedacht wird). Vieles passt in diesem Film einfach überhaupt nicht zusammen. Natürlich kann man bei einem Budget von 30 Mio US-Dollar nicht erwarten, dass der Film in optischer Hinsicht auf „Transformers“-Niveau spielt, aber ich kann zumindest verlangen, dass der Regisseur sich dieser Hürden bewusst ist und sie dank kreativer Einfälle zu kompensieren weiß. Manchmal hab ich mich sogar gefragt, ob Johnson seine Story teilweise mit Absicht so trashig inszeniert hat, kam dann aber zu dem Entschluss, dass auch das keinen (mir erkennbaren) Sinn ergeben kann. Es gibt Filme, da wird sich darüber beschwert, wie unfreiwillig komisch Menschen gekleidet sind oder wie schlecht manche Kulissen und Requisiten doch aussehen. Das Zukunfts-Killerkommando oder die arg antiquiert anmutende Zeitreisekapsel in „Looper“ werden jedoch einfach so hingenommen, obwohl beides nur ganz knapp an der Grenze zur Lächerlichkeit vorbeischrammt.

Looper3Die Zeitreise-Thematik funktioniert meines Erachtens nur dann tadellos, wenn sie nicht zum zentralen und alles bestimmenden Faktor der Geschichte auserkoren worden ist, da der Zuschauer immer Gefahr läuft, die Story umfassender zu hinterfragen und zweifellos zu dem Schluss kommen muss, dass dieses Thema eben Unfug ist und Unfug bleibt. Beziehungsweise dass man es nur adäquat in filmischer Form behandeln könnte, wenn man dem Film eine Dramaturgie verpasst, die eben alle Beeinflussungen, Veränderungen und Eventualitäten durchspielt. Es gibt aber auch Filme, die den Zeitreise-Quatsch mit ihrer Ästhetik, ihrer Atmosphäre oder ihrem Humor kaschieren können. „Looper“ allerdings nicht. Den Zuschauer mit dem Satz „Jetzt fang gar nicht erst an, darüber nachzudenken, wir könnten sonst ewig drüber diskutieren“ (sinngemäße Wiedergabe) abzuspeisen ist zwar in der Theorie eine nette Idee, offenbart in der Praxis allerdings folgendes Problem: es genügt eben nicht, die Logik-Probleme mit so einem lapidar dahingesagten Satz ungeschehen zu machen. Und dieser Satz genügt auch nicht, um den Zuschauer damit über eben diese Probleme hinwegzutäuschen. Wer bei „Looper“ also beginnt, über den Sinn des Gezeigten nachzudenken, der verliert zwangsläufig. Und zwar die Lust am Film. Ein Faux-Pas, den sich kein Film der Welt erlauben sollte.

Wie dumm können sich Filmcharaktere eigentlich verhalten? Drei Fragen sollen zur Illustration dieses schwerwiegenden Problems bei „Looper“ an dieser Stelle aufgeführt werden.

1.Wenn Cid bei jeder Stresssituation und sich anbahnenden Gefahr potenziell ausrasten könnte, warum fährt Sara dann schnurstracks mit ihrem Sohn auf dem Beifahrersitz auf den bewaffneten Bruce Willis zu?

2.Wenn jeder „Looper“ doch weiß, dass er in dreißig Jahren getötet wird, warum unternimmt dann niemand den Versuch, sich gleich aus freien Stücken mit seinem älteren Ich zu verbünden und dem ganzen System ein Ende zu bereiten, anstatt einfach nur stumpfsinnig seinen Loop zu schließen? (Okay, es ist ein Zeitreisefilm, wie man es dreht und wendet, keine Handlung macht komplett Sinn.)

3.Doch nun die Krönung: Warum erschießt sich der junge Joe am Schluss, anstatt sich einfach seine Schusshand wegzuballern, um so sein älteres Ich vom Mord an Sara abzuhalten?

Und noch etwas, was mir auf der Seele brennt, aber nur mit der Unstimmigkeit des Drehbuchs zu tun hat: zu Beginn wird gesagt, es hätte schlimme Konsequenzen das jüngere Ich zu töten während sich das ältere Ich in der selben Zeit befindet. Am Ende ist dies jedoch die Lösung des Ganzen. Hat uns Johnson also zu Beginn extra einen Bären aufgebunden oder am Schluss einfach den Faden verloren?

Zeitreise-Blödsinn hin oder her. Mal ganz ehrlich: muss es in „Looper“ auch noch um telekinetisch begabte Menschen gehen? Ich mag die „X-Men“-Filme aber was hat diese Thematik denn hier verloren? Konnte sich Johnson nicht etwas anderes ausdenken? Oder das Telekinese-Zeug ersatzlos streichen? Schließlich sind die Effekte und die Inszenierung diesbezüglich ja auch in keiner Szene als komplett gelungen zu bezeichnen und das sollten sie doch eigentlich sein, wenn man sich dazu entschließt, einen Film mit dieser Thematik anzureichern. (Beispiel hierzu: der sich auflösende bzw. zerplatzende Looper, der Joe in Saras Haus sucht. Fazit: nette Idee, maue Umsetzung.)

„Looper“ ist kein absoluter Rohrkrepierer geworden, aber meines Erachtens auch nicht der unantastbare Überraschungshit des Jahres. Gordon-Levitts optische Anpassung an Bruce Willis, das gelungen inszenierte Durchs-Haus-Schleichen von Joe und Cid, sowie die meisten Szenen mit Emily Blunt haben dazu geführt, dass ich Johnsons Film wenigstens irgendwas Positives abgewinnen konnte. Im ewigen Kreislauf des Neuinterpretierens klassischer Sci-Fi-Motive und (Re-)Definierens des Genres muss sich „Looper“ aber mit einem traurigen Schicksal abfinden: dieses Werk ist sicherlich kein Film für die Ewigkeit.

Ach und noch was. So toll ist der kleine Junge wiederum auch nicht. Was natürlich wie bereits angesprochen vor allem Johnsons Inszenierungs-Stil zur Last gelegt werden muss. An die denkwürdigen Performances von Haley Joel Osment („The Sixth Sense“), Jodelle Ferland („Tideland“) und Keisha Castle-Hughes („Whale Rider“) reicht seine Leistung aber so oder so nicht heran. No offense.

 

Autor: Markus Schu

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