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Gods of Egypt (2016) Review

© Concorde Filmverleih GmbH

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Könnt ihr euch noch an den ersten Trailer zum Film erinnern? Gott, war der schrecklich. Für 140 Millionen US-Dollar Budget sahen die Effekte dort unfassbar antiquiert und digital aus. Doch der zweite Trailer war plötzlich ziemlich okay. Mit etwas Glück könnte es ja ein unterhaltsamer Spaßfilm im Stile von Louis Leterriers „Kampf der Titanen“ werden. Wobei das Kritikerecho zu „Gods of Egypt“ trotzdem fast einstimmig vernichtend ausfiel. Aber ich bin Fan von mythologischem Kram, mag den Regisseur, der Cast liest sich super, die Drehbuchautoren finde ich ganz cool und diese wurden ja schließlich schon zweimal zu Unrecht gescholten. Alles klar, ich wage es. Vielleicht nicht in 3D zur Primetime, aber mal nachmittags in 2D? Gut, so mach ich’s.

Alex Proyas‘ „Gods of Egypt“ hat einen aktuellen Metascore von 23 und 12% auf dem Tomatometer von Rotten Tomatoes. Das ist schon ziemlich hart. Zugegebenermaßen fand ich den Film aber auch nicht so prall und am Boxoffice ist er untergegangen. Dabei klang doch alles erst einmal ziemlich vielversprechend… Im alten (fantasievoll überstilisierten) Ägypten herrschen die Götter über die Menschen, jedoch scheint diese Welt größtenteils harmonisch zu sein, auch wenn sie kein reines Utopia darstellt. Der Sonnengott Ra (Geoffrey Rush, „Fluch der Karibik“) hat das ägyptische Reich unter seinen Söhnen Osiris (Bryan Brown) und Set (Gerard Butler, „300“) aufgeteilt. Ersterer herrscht über das fruchtbare Land am Nil, der andere über die Wüste. Als Osiris seinen Sohn Horus (Nikolaj Coster-Waldau, „Game of Thrones“) zu seinem Nachfolger krönen will, reagiert Set jedoch eher ungehalten und katapultiert sich mit dem Mord an seinem Bruder an die Spitze des Reiches. Seinem Neffen Horus raubt er indes beide Augen und nur dank der Intervention von Horus‘ großer Liebe Hathor (Élodie Yung, „Daredevil“) verschont er dessen Leben. Sets Schreckensherrschafft und seine unstillbare Machtgier sorgen fortan für dunkle Zeiten. Unsere menschlichen Protagonisten Bek (Brenton Thwaites, „Maleficent“) und Zaya (Courtney Eaton, „Mad Max: Fury Road“), natürlich ein Liebespaar, werden in dieser Zeit voneinander getrennt. Zaya fleht ihren Liebsten an, die Augen des Horus von Set zurück zu stehlen, damit dieser dem Tyrannen endlich die Stirn bieten kann, so dass ihnen wieder eine bessere und gemeinsame Zukunft bevorstehen möge. Lange Rede, kurzer Sinn: Bek findet nur ein Auge und Zaya stirbt. Doch der junge Mensch bietet Horus einen Deal an. Er hilft dem Gott, sein zweites Auge zu finden, wenn er im Gegenzug Zaya aus dem Reich der Toten befreit. Doch die Zeit drängt und Horus spielt nicht mit offenen Karten…

Es wäre eine Lüge, zu behaupten, dass „Gods of Egypt“ überhaupt keine guten Ideen aufzubieten hat. Die digitalen und realen Sets sowie die Kostüme wissen oft zu beeindrucken, das gesamte Setting ist ansprechend ausgefallen und auch die Design- und Inszenierungsentscheidungen, die nicht funktionieren (wie z.B. die Quasi-Bullet-Time-Götter-Kämpfe), weil sie zu verkitscht oder künstlich ausgefallen sind, beweisen trotz allem immer noch, dass hier kreative Menschen versucht haben, etwas mitunter Originelles auf die Beine zu stellen. Es gelingt ihnen allerdings in den meisten Fällen nicht. So sind die weiteren positiven Punkte schnell abgehakt: Die mythische Atmosphäre des Prologs, das goldene Blut der Götter (klar, PG-13-Entscheidung, aber dennoch stylisch), der Raub der Flügel von Nephthys (Emma Booth), der Kampf gegen die Schlangen der Kriegergöttinnen Astarte (Yaya Deng) und Anat (Abbey Lee, „Mad Max: Fury Road“), Ras Himmelsschiff und sein Käpt‘n-Ahab-Kampf gegen die Bestie Apophis, Hathors Begegnungen mit den Dämonen und die sneaky „Indiana Jones“-Momente von Bek sind die Highlights des Films. Das klingt zwar erst einmal ziemlich positiv, doch die negativen Elemente überwiegen – sogar oftmals innerhalb dieser eigentlich sehenswerten Szenen. Denn der Humor wirkt meistens zu gezwungen, so dass die Comic-Relief-Momente selten richtig gelingen, die CGI-Clashs der Götter in ihren Tiergestalten sehen unglaublich digital und trashig aus, die realen Schauspieler sind viel zu oft nicht homogen ins effektlastige Gesamtbild eingebettet worden, einige Designs wie z.B. das Skarabäus- oder Vogel-Vehikel wirken einfach nur komplett lächerlich und auch die Größenunterschiede zwischen den riesigen Göttern und den Menschen berauben den Film seiner Ernsthaftigkeit.

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Womit wir beim Ton des Films angelangt wären – seinem Hauptproblem. Natürlich ist Comic Relief in einem Fantasy-Action-Abenteuer unabdingbar und der Zuschauer braucht in einem solchen Spektakelfilm mit Göttern als primären Hauptfiguren sicherlich auch menschliche Charaktere, mit denen er sich identifizieren kann. Aber „Gods of Egypt“ macht hier so viele Fehler, dass man nur noch mit dem Kopf schütteln kann. Obwohl ich das Autorenduo Matt Sazama und Burk Sharpless bei ihren bisherigen Arbeiten „Dracula Untold“ und „The Last Witch Hunter“ jedes Mal verteidigt habe, weil sie dort wirklich mehr als solide und ziemlich ideenreiche Skripts abgeliefert haben, versagen die beiden hier fast auf ganzer Linie. Bek und Zaya sind profillos, weswegen man keinen emotionalen Zugang zu ihnen findet. Wenn Zaya stirbt, wird Bek kein einziger Moment zur Trauer zugestanden. Und obgleich die Autoren versuchen, die Götter auszudifferenzieren und das zweite Liebespaar Horus und Hathor mit Charakterstärken und –schwächen gleichermaßen auszustatten, wirkt das Ganze im Endeffekt einfach nur beliebig. Man interessiert sich für keine der Figuren im gesamten Film. Und was Chadwick Boseman („The First Avenger: Civil War“) geritten hat, die dämlich-nervige Rolle des Gottes Thoth anzunehmen, würde mich wirklich brennend interessieren.

Ohnehin hätte ich einen grundlegend ernsteren Ton favorisiert. Ein mythischerer, vielleicht auch sperrigerer Grundton der Erzählung hätte dem Film womöglich die dringend benötigte Eigenständigkeit verliehen. In der jetzigen Form ist Alex Proyas‘ neuer Film lediglich ein mitunter interessantes Ideenkonglomerat, das aber zu keinem Zeitpunkt zu einer eigenen Identität und narrativen Kohärenz findet. Manchmal fragte ich mich während des Films, was auf der Leinwand gerade vor sich geht und ob die zuvor aufgestellten Regeln der Filmdiegese zeitweise zu Gunsten des audiovisuellen Spektakels ignoriert worden sind. Auch die Tatsache, dass der Film mit der Erzählerstimme des gealterten Beks beginnt, was dann in den nächsten anderthalb Stunden über Bord geworfen und lediglich im Finale wieder aufgegriffen wird, wirkte hier eher holprig. Der Gipfel des Unsinns ist jedoch die Szene, in der Hathor und Bek wie über Supermarkt-Lautsprecher zu Zaya in der Unterwelt sprechen – selten musste man sich im Kino so fremdschämen wie in diesem Moment.

Fazit: Alex Proyas hat in den 1990er-Jahren mit „The Crow“ einen Genre-Meilenstein geschaffen, der viele nachfolgende Klassiker und Kultfilme maßgeblich inspiriert hat (u.a. „Matrix“, „Underworld“, „The Dark Knight“ etc.), doch an diesen künstlerischen Erfolg konnte er mit keinem seiner nachfolgenden Filme so richtig anknüpfen – jenem Trend bleibt er nun auch leider weiter treu. Die Darstellerriege ist namhaft, doch das Drehbuch macht es den Akteuren schwer, Akzente zu setzen. Die Ideen sind oftmals gut, die Umsetzung jedoch überwiegend mau. Trotz Captain Barbossa, König Leonidas, Elektra, Ser Jaime Lannister, zweier Mad-Max-Amazonen und Black Panther kann Proyas‘ neuestes Werk nicht überzeugen. „Gods of Egypt“ vermag es nicht, Style von Trash zu unterscheiden, findet keine Balance zwischen Epik und Humor und geht daher trotz interessanter Ansätze im identitätslosen Genre-Einheitsbrei unter. Hassen kann man den Film trotzdem nicht. Hier haben lediglich ziemlich talentierte Leute ziemlichen Mist fabriziert. Und das ist einfach nur schade. 3/10

Autor: Markus Schu

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