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Was macht eigentlich #22 David Fincher

Nach seinem aufgrund von Querelen mit 20th-Century-Fox etwas verunglückten Debüt „Alien3“ hat David Fincher seine Drohung „I thought I’d rather die of colon cancer than do another movie“ glücklicherweise nicht in die Tat umgesetzt, sondern sich lieber im Regie-Olymp einen Platz für die Ewigkeit erarbeitet. Der Querkopf, der der Gesellschaft gerne mal den Spiegel vorhält und uns dadurch unsterbliche Klassiker wie „Sieben“, „Fight Club“ und „The Social Network“ bescherte, hat definitiv einen Hang zum Thriller-/Krimi-Genre („Panic Room“, „Zodiac“, „Verblendung“), doch begeisterte er auch bereits im Hollywood-Entertainment-Bereich mit seiner eigenwillig-melancholischen Reflexion über die Liebe, den Tod und das Leben mit dem fantastischen „Der seltsame Fall des Benjamin Button“.

Dennoch sollte seine geplante Blockbuster-Neuauflage von Jules Vernes Klassiker „20000 Meilen unter dem Meer“ nicht zustande kommen: Aufgrund langanhaltender Besetzungsschwierigkeiten (Brad Pitt sprang ab, Daniel Craig und Matt Damon lehnten ab, Channing Tatum gefiel dem Studio nicht) verließ Fincher das Projekt und auch das produzierende Disney-Studio sah sich nach den Mega-Flops „John Carter“ (2012) und „The Lone Ranger“ (2013) dazu gezwungen, das Projekt erst einmal auf Eis zu legen, da das Budget auch hier ein zu großes finanzielles Risiko mit sich bringen sollte (200 Millionen US-Dollar waren veranschlagt). Doch obwohl Fincher seit seiner Neuinterpretation des schwedischen Krimis „Verblendung“ (Ende 2011/Anfang 2012) keinen neuen Kinofilm mehr auf den Weg gebracht hat, ist der Ausnahmeregisseur nicht untätig geblieben: Für das Unternehmen Netflix (ehemals eine Online-Videothek, nun einer der Major Player im VOD-Bereich) hat er im vergangenen Jahr die satirisch angehauchte Politdrama-Serie „House of Cards“ produziert – prominent besetzt mit Kevin Spacey, Robin Wright, Kate Mara und Kristen Connolly. Das Inszenieren der Pilotfolge der von Kritikern hochgelobten Serie hat dem Regisseur zudem einen Primetime-Emmy-Award beschert (Kategorie: Outstanding Directing for a Drama Series), eine zweite Season wird das Portal ab Februar in den USA ausstrahlen/anbieten.

Außerdem hat er für Justin Timberlake, der in seinem preisgekrönten Gesellschaftsdrama „The Social Network“ den Napster-Erfinder Sean Parker gespielt hat, das Musikvideo zu „Suit & Tie“ inszeniert (ebenfalls 2013). Und ein neues Kino-Projekt steht auch endlich wieder an: Fincher wird die Regie bei der Adaption von Gillian Flynns Roman „Gone Girl“ übernehmen und kann dabei auf die Unterstützung von Ben Affleck, Neil Patrick Harris und Rosamund Pike zählen. Model-Shootingstar Emily Ratajkowski, die durch ihren freizügigen Auftritt in Robin Thickes Musikvideo zu „Blurred Lines“ international für Aufsehen sorgte, ist ebenfalls mit von der Partie. Der Thriller scheint thematisch voll und ganz ins bisherige Oeuvre des Regisseurs aus Denver, Colorado zu passen: An ihrem fünften Hochzeitstag verschwindet Nicks Ehefrau Amy spurlos. Alpträume, in denen Nick Amy umzubringen scheint, quälen daraufhin den Ehemann. Bei der Polizei beteuert er allerdings seine Unschuld am Verschwinden seiner Frau, doch verstrickt er sich immer mehr in ein Netz voller Lügen. Und auch die Weste seiner vermeintlichen Vorzeigefrau ist nicht ganz so weiß, wie sie alle hat glauben machen wollen. Klingt spannend und definitiv nach einem guten Ausgangsstoff für David Fincher.

Für die Adaption der Fantasy-Horror-Sci-Fi-Comicreihe „The Goon“ wird der Regisseur momentan ebenfalls gelistet, die Übernahme der Regie beim zweiten Teil der Millennium-Trilogie scheint auf Grund von Terminproblemen hingegen mittlerweile fast ausgeschlossen: Daniel Craig steht nämlich nur Anfang 2014 als Darsteller bereit, genau in dem Zeitraum, in welchem Fincher mit „Gone Girl“ noch in der Post-Produktion weilt. Da Sony aber nicht bis 2015 mit der Produktion warten möchte, scheint Fincher wohl als Regisseur nicht mehr in Frage zu kommen. Zudem müsste ihm das Studio im Falle einer Neubesetzung des Regiestuhls 5 Millionen US-Dollar zahlen, da sich Fincher clevererweise diese Position vertraglich bereits gesichert hatte. Für Sony würde dies dementsprechend einen (zu verschmerzenden) finanziellen und einen (womöglich schwierig zu kompensierenden) künstlerischen Verlust bedeuten. Vom Tisch ist diese Sache aber noch nicht, wir dürfen daher gespannt sein auf neue Informationen bezüglich des Drehs von „Verdammnis“ und weiterhin die Daumen drücken, dass der Meisterregisseur auch die Fortsetzung inszenieren darf.

Autor: Markus Schu

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