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Valerian – Die Stadt der tausend Planeten (2017) Review

© Universum Film

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Es ist eine Comicverfilmung der anderen Art. Kein Marvel, kein DC, kein international agierender Comicverlag, stattdessen eine Vorlage, die eher nur eingefleischten Fans nachhaltig etwas sagen dürfte. Es geht um eine französische Comic-Reihe, und nein, nicht Asterix, sondern „Valérian et Laureline“ (der deutsche Titel (der Comics) lautet irritierenderweise „Valerian und Veronique“), die seit 1967 in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen erscheint (der letzte Band stammt aus dem Jahr 2014). Die Comics dürften bereits viele Science-Fiction-Filme beeinflusst haben, unter anderem Luc Bessons „Das fünfte Element“, so dass es nun folgerichtig Besson ist, ein erklärter Fan der Comics, der die Vorlage erstmals direkt zum Leben erweckt. Und der Regisseur ist in Höchstform: „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“ ist ein bildgewaltiges Sci-Fi-Spektakel, bunt, schräg, laut, knallig, witzig, actionreich und wunderbar unterhaltsam.

Man muss zunächst vorschieben, dass die Trailer des Filmes komplett irreführend sind. „Nach Jahrhunderten des Friedens und des Wohlstands“, wurde dort proklamiert, „will eine unbekannte Macht alles zerstören, was wir geschaffen haben.“ Dazu apokalyptisch anmutende Bilder fremder Planeten. „Agenten Valerian und Laureline“, sagt daraufhin Clive Owen, „Sie haben weniger als zehn Stunden, die Gefahr zu lokalisieren und auszuschalten.“ Nun ja, darum geht es hierbei absolut nicht. Man kann jedoch kaum etwas über die Story verraten, ohne nicht den Film fast vollumfänglich zu spoilern. Immerhin stimmt es, dass Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delevigne), zwei interplanetarische Agenten, von Commander Filitt (Clive Owen) beauftragt werden, ein Problem zu lösen, doch sowohl die ganze Ausgangssituation als auch die Natur der Bedrohung sind eine komplett andere, als es die Trailer suggerieren. Auch die Bilder, die über die genannten Worte gelegt wurden, sind im Rahmen des Filmes in komplett anderen Zusammenhängen zu sehen, zumal die Zehn-Stunden-Frist an keiner Stelle vorkommt. Dies alles ist insofern schade, als dass die Trailer (leider) nicht unbedingt überzeugend gestaltet waren und somit eigentlich potenziell positiv gestimmte Zuschauer eventuell von einem Kinobesuch abgehalten haben. Doch dafür ist das Heimkino ja schließlich auch da.

© Universum Film / STX Entertainment Motion Picture Artwork © 2017 STX Financing, LLC.

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So viel sei gesagt: Besson nutzt das Hitchcock’sche Konzept des MacGuffin ganz fantastisch. Der Gegenstand, der hier gesucht und gefunden wird, ist derart arbiträr, dass man als Zuschauer regelmäßig daran erinnert werden muss. Die Story ist dementsprechend dünn, das macht aber nichts, denn „Valerian“ funktioniert auch so ganz hervorragend. In gewisser Weise entfaltet sich der Film wie ein Videospiel: Alpha, die titelgebende Stadt der tausend Planeten, ist eine ganz eigene Welt unzähliger Alien-Spezies, die in verschiedenen Sektoren leben, welche nach und nach von den beiden Helden (vergleichbar zu einzelnen Levels) fast wie ein Episodenfilm mehr oder minder „abgeklappert“ werden, während sich Besson und seine Setdesigner auf eine derartig nachhaltige Weise kreativ austoben, dass es als Zuschauer enorm Freude macht, jedes weitere neue Areal sowohl auf visueller Ebene wie auch im Hinblick auf die jeweils eigenen Charaktereigenschaften der verschiedenen Spezies zu entdecken. Die Action ist stets temporeich und spektakulär inszeniert, das CGI ist State-of-the-Art, fällt an keiner Stelle negativ auf und das, obwohl vermutlich ein großer Großteil des Filmes vor grünen oder blauen Hintergründen gedreht worden sein dürfte. Gegen Ende, als der Grundkonflikt seinen Höhepunkt erreicht, zieht der Film dann auch auf seiner narrativen Ebene noch etwas an und bringt so seine (ja durchaus vorhandene, nur eben nicht im Vordergrund der Show stehende) Geschichte tatsächlich zu einem relativ runden Abschluss.

Die Darsteller spielen ihre Parts locker herunter und harmonieren gut miteinander, wobei insbesondere Cara Delevigne nach ihrem enorm enttäuschenden Auftritt in „Suicide Squad“ (dort verschwand sie allerdings auch die meiste Zeit hinter einer Wand aus CGI-Effekten, die ihr viele Ausdrucksmöglichkeiten nahmen und übrigens denen von „Valerian“ zu keiner Zeit das Wasser reichen können) zeigt, dass sie durchaus zu einer überzeugenden schauspielerischen Leistung fähig ist. Clive Owen kommt bei 137 Minuten Laufzeit irgendwie nur auf knapp eine Viertelstunde Screentime, wobei er tatsächlich etwas blass bleibt, so dass neben Dane DeHaan eigentlich lediglich Ethan Hawke in einem knappen, aber prägnanten Auftritt sowie insbesondere Rihanna lobend zu erwähnen sind, deren (zentrale) Szene eines der Highlights des Filmes darstellt: Sie spielt die Burlesque-Tänzerin Bubble mit gestaltwandlerischen Fähigkeiten und transformiert sich während ihrer komplett ausgespielten, etwa fünfminütigen Bühnenshow durch mehrere musikalische Epochen sowie die entsprechenden Outfits, was nicht nur aufgrund der bereits angesprochenen visuellen (und hierbei obendrein auditiven) Kreativität seitens des Films, sondern auch aufgrund des tänzerischen Könnens der in dieser Szene als Double fungierenden kanadischen Tänzerin Emilie Livingston überaus beeindruckend ist.

© Universum Film

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Die Dialoge sind trotz des eindeutigen Fokus‘ auf die visuelle Gestaltung straff geschrieben und dabei sehr humorig, dienen passend zur dramaturgischen Gesamtgestaltung oftmals eher der Situationskomik, was den Spaß am Film allerdings keinesfalls schmälert, sondern eher noch unterstützt; insbesondere hinsichtlich des Running Gags, dass Valerian unbedingt Laureline heiraten möchte und ihr in allen möglichen und unmöglichen Situationen einen entsprechenden Antrag macht. Auf einer Meta-Ebene zitiert sich der Film zudem trotz oder vielleicht auch gerade wegen der einflussreichen Vorlage quer durch Populärkultur und Filmgeschichte, was ja durchaus zu Besson als altem Postmodernisten passt. „Valerian“ feuert aus allen (visuellen) Rohren, der er zu bieten hat und ist trotz der etwas geringer ausgeprägten dramaturgischen Tiefe ein herausragendes Beispiel für an keiner Stelle langweilig werdendes Überwältigungskino, er ist ein im doppelten Wortsinne effektvolles Spektakel, ein Bilderrausch in Reinkultur, der die Macht des Kinos in dessen reiner Form zelebriert.

Autor: Jakob Larisch

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