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The Inhabitant (2017/2018) Blu-ray-Kritik

© capelight pictures

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Eine Gruppe jugendlicher Einbrecher, die sich ein vermeintlich lukratives Ziel gewählt haben und dann merken, dass das ausgesuchte Haus etwas Böses beherbergt: Klingt nach „Don’t Breathe“. Ist natürlich auch „Don’t Breathe“, ist aber ebenfalls der mexikanische Nicht-wirklich-Haunted-House-Film „The Inhabitant“ – nur wird der blinde Mann ausgetauscht gegen eine von einem Dämon besessene Tochter. Könnte funktionieren, tut es jedoch nicht.

War es in „Don’t Breathe“ eine bunt zusammengewürfelte Truppe, die in das falsche Haus einzubrechen plante, so sind es hier drei Schwestern, die sich die Heimstatt eines Senators zum Ziel gesetzt haben. Viel Geld lagert dort, das zum Abbezahlen von Schulden genutzt werden soll. Die Hauptfiguren sind dabei zwischen Klischee und Stereotyp angesiedelt – die toughe Anführerin Maria (María Evoli), die Zweiflerin Camila (Vanessa Restrepo) und die Jüngste Ana (Carla Adell), die als Fluchtwagenfahrerin herhalten muss. Im Keller entdecken sie die an ein Bett gefesselte Tochter Tamara (Natasha Cubria) des Senators (Flavio Medina) und seiner Frau (Gabriela de la Garza), was sie so verstört, dass sie nicht mehr wissen, was sie tun sollen. Die Polizei rufen? Die Eltern kurzerhand zur Strafe umbringen? Relativ bald fängt Tamara dann auch an, mit Zungen zu sprechen, sie weiß vieles über die Vergangenheit der drei Schwestern, was diese eher hätten geheim halten wollen. Ach ja, ein katholischer Kardinal mischt auch noch mit.

„The Inhabitant“ weiß am ehesten noch auf einer stilistischen Ebene zu überzeugen, die langen, gleitenden und mit wenig Schnitten durchsetzten Kamerafahrten durch das Haus sind teils durchaus elegant und tragen dazu bei, dass die durch die sehr schwache Handlung immer wieder ramponierte Atmosphäre nicht vollends flöten geht. Auch ein Gefühl der Bedrohung kann auf diese Weise ein- oder zweimal für kurze Augenblicke evoziert werden, wenn der Film den Suspense-Effekt nutzt, um etwas im Bildhintergrund zu zeigen, was nur der Zuschauer, jedoch nicht die Figuren sehen und was nach wenigen Kamerabewegungen (ohne Schnitt) auf scheinbar unerklärliche Weise wieder verschwunden ist. Das Problem ist aber, dass sich die Charaktere in der Regel ausgemacht dämlich verhalten: So wäre es ab und an das Klügste, Tamara einfach wieder in den Keller zu schieben (sie sitzt in einem Rollstuhl), was ihnen der Vater auch mehrfach rät. Dass man ihm nicht glaubt, mag in der Situation eventuell auch nicht ganz unrealistisch sein, dass aber alle drei Schwestern meist aus einer Schockstarre nicht mehr herauskommen oder blindlings aufeinander losgehen, nachdem Tamara wieder einmal ein Geheimnis aus der Vergangenheit ausgeplaudert hat, ist auf Dauer etwas unglaubwürdig; hier macht es sich der Film deutlich zu einfach. Auch dass man nicht einfach die Sachen packt und geht, sieht sich nur durch den sehr oft erwähnten Kniff erklärt, dass Maria von den Leuten, denen sie das Geld schuldet, sonst umgebracht wird. Zwar ist gerade in übernatürlichen Filmen nicht immer alles logisch und das ist teils auch nicht dramatisch, wenn denn der Rest stimmt. In „The Inhabitant“ passiert jedoch schlicht viel zu wenig, der Film kann auch wegen seiner redundanten Dramaturgie so wenig Spannung aufbauen, dass so etwas schneller ins Auge fällt und auf Dauer entsprechend sauer aufstößt. Auch die häufigen Flashbacks in die Vergangenheit der Schwestern ändern daran nichts.

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Hier setzt ein zweiter zentraler Kritikpunkt an: Mit der Zeit wird die sehr drastische Hintergrundgeschichte der drei jungen Frauen offenbart, doch die mit dieser Enthüllung teils einhergehende und berechtigte Kritik an den Dogmen der (katholischen) Kirche sowie insbesondere ihrer Anwendung und ihrer Nutzung als Rechtfertigung für die hier geschilderten Taten wird am Ende (kein Spoiler) durch eine vorhersehbare, aber nichtsdestotrotz latent abstruse Wendung komplett nivelliert: Auf einmal ist der Glauben, ist die Kirche der einzige Weg zur Hoffnung, auf einmal wird die furchtbare Vergangenheit der Protagonistinnen mit einem einzigen Satz mehr oder minder marginalisiert. An eine systemische Kritik traut sich „The Inhabitant“ meilenweit nicht heran. Das ist nicht nur schade, das ist in der hier präsentierten Weise sogar schon bedenklich.

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Vieles gibt es somit an diesem Film auszusetzen, er ist auf der einen Seite einfach zu dröge, als dass richtig Spannung aufkäme, zudem sind die Charaktere und die mit ihnen verflochtenen dramaturgischen Ideen zu platt, womit man es sich oft sehr einfach macht. Auf der anderen Seite schlägt der religiös-gesellschaftliche Subtext sehr problematische Töne an, die das negative Gesamtbild entsprechend ergänzen. Es gibt zwar wirklich gute spanischsprachige Horrorfilme, doch „The Inhabitant“ ist definitiv keiner davon.

Autor: Jakob Larisch

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