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Poltergeist (2015) Review

© 20th Century Fox

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„Vorschläge, bitte!“
„Hm, was einem als erstes in den Sinn kommt, sind ja für gewöhnlich Fortsetzungen. Aber all unsere Franchises sind momentan gut ausgelastet und laufen finanziell hervorragend. Was könnte man denn noch machen, ohne sich groß etwas Neues einfallen lassen zu müssen?“
„Ein Remake?“
„Brillant! So etwas gab es lange nicht! Irgendwelche Ideen?“
„Horrorfilme gehen doch in dieser Hinsicht hervorragend.“
„Ja, aber da ist doch schon eigentlich alles neu aufgelegt worden…“
„Auch wahr. Meine Güte, gibt es eigentlich einen Horrorfilm, der noch kein Remake bekommen hat?“
„Und einen, an dem wir die Rechte bekommen können, nicht zu vergessen“
„Da gab es doch diesen Gruselfilm von 1982…“
„…von Tobe Hooper, richtig…“
„…wo Spielberg seine Finger ganz groß mit im Spiel hatte…“
„…korrekt, wie hieß der denn nochmal, irgendetwas mit einem aus dem Deutschen kommenden Wort…“
„…weiß ich nicht mehr, aber so gut fand ich ihn nicht…“
„…das macht doch nichts, die Zuschauer nehmen alles, was man ihnen gut vermarktet vorsetzt.“
„Poltergeist!“
„DAS war der Titel, stimmt.“
„Also, der Vorschlag ist ein Remake von Poltergeist. Irgendwelche Ideen dazu?“
„Wie wäre es mit einer völlig sinnfreien 3D-Auswertung? Mehr Geld für uns und das Publikum bekommt einfach gar nicht mehr die Möglichkeit, ihn anders zu sehen.“
„Genial!“

So oder so ähnlich könnte der Dialog in den Chefetagen von MGM und 20th Century Fox ausgesehen haben, als man sich darauf besann, dem 1982er-Geisterfilm „Poltergeist“ eine Neuauflage zu verpassen. Nun gilt dieser als eine Art Klassiker im kleinen Kreis, über Horrorfilmfans hinaus eher bekannt geworden durch zum einen das kreative Tohuwabohu der Produktion, das sich darin äußerte, dass es nach Aussage einiger Cast-Mitglieder eher Produzent Steven Spielberg als der eigentliche Regisseur Tobe Hooper war, der den Film drehte. Dies brachte ihm ein Ermittlungsverfahren der „Director’s Guild of America“ ein, da es ihm aufgrund seiner gleichzeitigen Arbeit an „E.T.“ eigentlich nicht erlaubt war, einen anderen Film anzufertigen. Zum anderen wurde das Franchise (auf den Originalfilm folgten 1986 und 1988 zwei Fortsetzungen) vielerorts als verflucht betrachtet, da eine ungewöhnliche Anzahl der Schauspieler früh den Tod fand: Heather O’Rourke, welche in allen drei Filmen die Rolle der Carol Anne spielte, sowie Julian Beck und Will Sampson, die Geister aus Teil 2, starben jeweils an den Folgen einer Krankheit, O’Rourke war zum Zeitpunkt ihres Todes 1988 gerade einmal zwölf Jahre alt. Dominique Dunne, ihre Filmschwester aus dem ersten Teil, wurde noch 1982 von ihrem damaligen Freund aus Eifersucht getötet. Über die Mythenbildung wurde allerdings der eigentliche Film oft vergessen, welcher bei einem dann doch eher soliden Gesamteindruck durchaus seine Qualitäten besaß, insbesondere hinsichtlich der fantastischen Spezialeffekte, welche sogar für einen Oscar nominiert wurden. Nun ist die Filmlandschaft in Bezug auf SFX heutzutage deutlich weiter, von daher müsste ein potenzielles Remake mit anderweitigen Qualitäten aufzuwarten wissen. Leider ist dies nicht der Fall.

Die grundlegende Story ist die gleiche wie im Original: Familie mit drei Kindern zieht in ein Haus, Poltergeist kommt, jüngste Tochter wird in eine Art spektrale Jenseits-Welt gezogen, ein Medium muss anrücken, um sie da wieder rauszuholen und zwischendurch gibt’s noch Erklärungen, warum das Ganze so abläuft, wie es abläuft. Auch wenn das Medium in Form von Jared Harris nun männlich und nicht mehr weiblich ist, hält sich das Remake doch in vielen Punkten dicht an das Original, so nimmt die Tochter Maddie unter anderem über den Fernseher Kontakt zu Toten auf, ihr Bruder Griffin wird von einem verrückt gewordenen Baum malträtiert und als Erklärung für alles, die hier früher als im Original geliefert wird, dient ein ehemaliger Friedhof, auf dem die Siedlung errichtet wurde, dessen Grabsteine zwar versetzt, die Toten jedoch am ursprünglichen Platz belassen wurden und nun auf Rache sinnen. Oder so.

© 20th Century Fox

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„Poltergeist“ (das Remake) ist kein vollends schlechter Film, mit seiner Laufzeit von 90 Minuten griffig gestaltet und ohne unnötige Längen, dafür aber auch definitiv ohne etwas, dass man als Höhepunkte bezeichnen könnte. Regisseur Gil Kenan gelingen einige Male unglaublich starke Bilder, etwa wenn die jüngste Tochter Madison das erste Mal über den Fernseher Kontakt mit den Toten aufnimmt und Kenan dies aus einer steilen Untersicht filmt, welche den statisch flimmernden Fernseher wie ein bedrohliches Hochhaus wirken lässt oder wenn er immer wieder die hinter der Siedlung stehenden Strommasten wie eine stumme und nicht ganz zu erklärende Bedrohung ins Bild rückt. Das war’s dann aber auch schon an wirklich guten Elementen. Die charmant-kreativen Ideen des Originals, die Anwesenheit eines Poltergeistes durch sich bewegende Möbel, Geistererscheinungen auf der Treppe oder ein Gewitter im Wohnzimmer darzustellen, werden hier zwar auf einer generellen Ebene aufgenommen, aber leider nicht genutzt, um eine atmosphärische Stimmung zu erzeugen, sondern stattdessen zu lieblosen Jump-Scares verheizt. So gut ein Film wie „The Conjuring“ auch gewesen sein mag, das Erbe von dessen Regisseur James Wan wird neben seinem Meisterwerk „Saw“ immer darin bestehen, dass seit „Insidious“ jeder Kino-Geister-Horrorfilm Schockeffekte im Fünfminutentakt auf die Leinwand knallt. Das kann bei einem guten Drehbuch (wie in „The Conjuring“ oder „Paranormal Activity 4“) funktionieren, wenn das Ganze jedoch zum Selbstzweck verkommt (wie in „Erlöse uns von dem Bösen“ oder „Insidious 2“) und die Story auf Dauer vernachlässigt wird, ist es irgendwann trotz teils netter Effektmomente nur noch störend.

Und „Poltergeist“ hat nun wahrlich keine wahnsinnig ausgereifte Dramaturgie, der Konflikt Familie-Geist wird quasi nebenbei etabliert, maximal die Idee mit besessenen Clownspuppen im Zimmer von Griffin funktioniert halbwegs, auch wenn sie danach nie mehr Erwähnung findet und damit irgendwie ins Leere verläuft. Nach dem Verschwinden der Tochter ist Hilfe extrem schnell zur Stelle, alles verläuft erstaunlich problemlos, von schmelzenden Zimmerdecken mal abgesehen. Die Erklärung der Bedrohung wird in zwei Nebensätzen abgehandelt, auch die Lösung des Konfliktes am Ende geht viel zu schnell und viel zu einfach. Als genreaffiner Zuschauer erwartet man die ganze Zeit das klassische retardierende Moment, welches die Handlung entscheidend verkompliziert…aber nichts dergleichen geschieht. Schlussendlich lässt auch die kreative Fantasie in der visuellen Gestaltung der Bedrohung massiv zu wünschen übrig, die noch einen entscheidenden positiven Punkt im Original darstellte: Im Remake ist der titelgebende Poltergeist als greifbare Entität schlicht nicht vorhanden, aber anstatt wiederum daraus eine effektive Grusel-Atmosphäre einer unsichtbaren Gefahr zu schaffen, geschieht: nichts. Nur ein hell leuchtender Kleiderschrank als Kulmination des Geistes wirkt schlicht nicht bedrohlich genug. Und was die merkwürdige Mid-Credit-Scene sollte, wird sich wohl ebenfalls nie erschließen.

Mit Sam Rockwell, Jared Harris und Rosemarie DeWitt recht gut besetzt, ist „Poltergeist“ keinesfalls ein dahingerotztes B-Remake, aber auch keines, welches die Original-Story irgendwie neu zu denken vermag. Es hat, trotz der Tatsache, dass kaum eines an seine Vorlage herankam, durchaus gute Horror-Remakes gegeben („Halloween“, „Dawn of the Dead“, „My Bloody Valentine“), bei kaum einem davon war jedoch das kommerziell-kalte Kalkül auch durch den komplett überflüssigen 3D-Einsatz derart spürbar wie bei „Poltergeist“. Zwei, drei nette Regieeinfälle, ja, aber eine zu simple Dramaturgie, wenig visuell Beeindruckendes und in der finalen Betrachtung dann doch (im Vergleich mit Genre-Kollegen) erstaunlich wenig Schockmomente, die in höherer Anzahl zumindest für eine höhere Herzfrequenz und damit ein klein wenig mehr Spannung hätten sorgen können. Nichts Neues und das Ganze maximal durchschnittlich: 5/10.

Autor: Jakob Larisch

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