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Pan (2015) Review

© Warner Bros.

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Here we are now, entertain us!

Peter Pan, das ist die Geschichte von der Macht der Fantasie, von Kindern, die ihrer Umgebung damit trotzen, weil sie Kinder sind, unschuldig und naiv. Das Prequel „Pan“ von Regisseur Joe Wright ist davon meilenweit entfernt, im Gegenteil, dieser Film wirkt ausgebrannt.

Joe Wright macht nun also ambitionslose Fantasy-Filme. Dies ist wohl die ernüchterndste Erkenntnis, die sich aus 111 Minuten Spiellaufzeit ergeben. Denn „Pan“ ist kein Joe-Wright-Film. Joe Wright, das ist einer der wenigen zeitgenössischen Regisseure, dessen Handschrift stets durchschien, ob in formalen Aspekten oder in der Auswahl der Stoffe. Auch wenn einem „Wer ist Hannah?“ nicht gefallen mag, alleine der Tanz der Kamera um Eric Bana in einer großartigen Verfolgungssequenz verdeutlichte eindrücklich, dass hier Mr. Wright die Feder führt. Das Gleiche gilt für den umstrittenen „Anna Karenina“ und das freie Spiel mit Setting und Vorlage. Doch das in „Pan“ der britische Regisseure wirklich Regie geführt haben soll? Im Abspann könnte jeder x-beliebige Name stehen, James Mangold, Gore Verbinski, wie sie alle heißen. Dies ist kein Regie-Film, dies ist ein waschechter Studio-Film. Ein Studiofilm, der sich zu seinem Regisseur so verhält, wie die Kinder im gigantischen Minenfeld zu Pirat Blackbeard: Der industrielle Großkapitalist fördert am Fließband Kristalle aus Feenstaub zur Verlängerung des eigenen Lebens. Ob dieser Film, der sich ähnlich schlecht anfühlt wie „Lone Ranger“, Erfolg an den Kassen hat, also das Leben von Warner verlängert, ist ungewiss.

Gewiss bleibt, dass sich der 3D-Blockbuster im 21. Jahrhundert altbacken werden lässt. Die Geschichte vom Waisenkind Peter, der in Nimmerland die Revolution anführen soll, ist wahnsinnig uninteressant, weil ganze Teile der Dramaturgie und der Figurenkonstellation aus Bestehendem zusammengeklebt wurden, ohne das damit auf Seiten des Filmes wirklich hantiert würde. Selbst das Klopfen auf die eigene Zuschauerschulter, weil ein weiteres Vorbild erkannt wurde, macht kein Spaß und führt nur zu Muskelkater: Peter als Auserwählter steckt irgendwo zwischen Harry Potter und Neo fest und irgendwie hätte Laurence Fishburne alleine deswegen einen Cameo verdient gehabt. Das Setting weiß nicht so recht, ob es lieber mit Pandora oder den Waldmond Endor assoziiert werden möchte und Bösewicht Hugh Jackman findet endlich eine Gelegenheit, Charlize Therons Overacting in „Snow White and the Huntsman“ zu torpedieren. Schlimmer, er darf, was ihm nach „Les Misérables“ offensichtlich verboten wurde: Ein bisschen singen. Selbst der mühselige Love-Interest zwischen einer eingeborenen Kriegerin (Rooney Mara) und Indiana Hook (Garrett Hedlund, würg) holt sich bei „Fluch der Karibik“ (und wie sie alle heißen) eine schallende Ohrfeige in Sachen Timing, Witz und Charme ab. Es verkommt zu einem Kritikerklischee, die Ideenlosigkeit Hollywoods immer und immer wieder herauszuschälen, aber was bleibt einem anderes übrig? Warum gibt sich Hollywood mit dem Bedienen von Mustern und Konzepten, die jeder mitsprechen kann, zufrieden?

© Warner Bros.

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Fantasy- und Märchenfilme erzählen Geschichten von Gut und Böse, Recht und Unrecht, von Krieg und Frieden. Sie dekontextualisieren, erschaffen einfache Welten und symbolisieren, indem jeder Figur eine klare Funktion und Rolle zukommt, das Unsichtbare sichtbar wird. Sie zeugen also von einer gewissen politischen Naivität, die ihnen dann zu Gute kommt, wenn sie trotz eskapistischer Grundhaltung einen kritischen Subtext beherbergen. „Pan“ besitzt diesen Moment, wenn auch nur kurz: Peter kommt in Nimmerland an und soll unter den rhythmischen Klängen von Nirvanas „Smells Like Teen Spirit“ und „Hey Ho! Lets Go!“ der Ramones geopfert werden. Doch der Moment verpufft, weil er nur handlungsdramaturgisch genutzt wird, um Peters besondere Flugfähigkeiten zu etablieren und damit den weiteren Weg des Films zu ebnen. Das Kreieren von Subtext aus der einfachen binären Struktur des Gut/Böse-Kontextes, dazu noch die Verwendung berühmter Rocksongs im postmodernen Sinne, eine gewisse Auszeichnung für jeden Fantasy-Film, wird für Gründe der Dramaturgie heruntergestutzt und verschwindet auf diese Weise irgendwo zwischen den Bildern. Gegen was Nirvana mal gesungen hat, das Ende der Unschuld, bleibt auf der Strecke.

So geht es in „Pan“ nur um die Reise-Etappen eines Jungen, der seine Mami liebt und zu sich selbst finden muss, um seine Kräfte auszuspielen. Einziger Wermutstropfen ist, dass Amanda Seyfried als Rabenmama nicht auch noch ein Lied trällert. Hollywood verdammt sich irgendwie selbst dazu, nur noch Sequels und Prequels zu produzieren und steht damit am Ende seiner Möglichkeiten. Denn so, wie Hollywood Fantasy-Filme produziert, ist das Genre aktuell tot, weil mit all der Vielfalt und all den Möglichkeiten schludrig umgegangen und nur Knöpfe beim Zuschauer gedrückt werden sollen, die schon ziemlich abgenutzt sind. Das ist alles einfallslos, platt, langweilig und mit Blick auf Joe Wright eine echte Katastrophe. Wann schreit der Zuschauer endlich: „Here we are now, entertain us“?

Autor: Lucas Curstädt

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