Einen Kommentar hinterlassen

Fantasy Filmfest 2015: 88 (2014) Review

© WANGO Films / Millennium Entertainment / Fantasy Filmfest

© WANGO Films / Millennium Entertainment / Fantasy Filmfest

Mit „88“ hat Regisseurin April Mullen einen Thriller geschaffen, der nicht zuletzt aufgrund seiner Amnesie-Thematik ein wenig an Christopher Nolans „Memento“ (2000) erinnert. „88“ läuft dabei auf zwei verschiedenen Zeitebenen ab, die sich am Ende des Films zu einem Großen und Ganzen zusammensetzen. Katharine Isabelle spielt Gwen, die sich an die Ereignisse der letzten Tage nicht erinnern kann und von der Gewaltspirale, in die sie geraten ist, völlig überfordert und verstört scheint. In der anderen Zeitebene, von der man zunächst nicht weiß, ob sie davor oder danach situiert ist, nennt sich Gwen selbst Flamingo und ist das komplette Gegenteil: Sie hat die Situation total im Griff, ist taff, geht ruppig mit ihren Mitmenschen um und kommt mit Gewalt ziemlich gut klar. Beide „Rollen“ spielt Katharine Isabelle dabei hervorragend und trägt damit die Hauptlast des Films. Christopher Lloyd spielt den Gangsterboss Cyrus, der als Antagonist fungiert, Tim Doiron verkörpert Ty, bei dem anfänglich nicht so genau klar ist, auf welcher Seite er überhaupt steht, aber offensichtlich eine gemeinsame Vergangenheit mit Gwen/Flamingo hat. Michael Ironside ist schließlich der Sheriff Knowles, der den Gewalttaten und somit auch Gwen/Flamingo auf der Spur ist. Insgesamt ist „88“ in diesem Sinne durch die Bank weg gut besetzt.

„88“ ist ein netter Mindfuck-Film geworden, der sehr schön zwischen den beiden Zeitebenen hin- und herwechselt und dabei dem Zuschauer immer genau das richtige Maß an Informationen gibt, damit dieser sich zurechtfindet. In der einen Zeitebene versucht man als Zuschauer, ähnlich wie bei „Memento“, gemeinsam mit der Protagonistin langsam aufzudecken, was eigentlich geschehen ist und was hier überhaupt vor sich geht. In der anderen Zeitebene, der „Flamingo-Timeline“, ist es hingegen so, dass Gwen als einzige den Durchblick zu haben scheint. Dieser Kontrast macht den Film erzählerisch sehr interessant und ist ein echtes Plus.

© WANGO Films / Millennium Entertainment / Fantasy Filmfest

© WANGO Films / Millennium Entertainment / Fantasy Filmfest

„88“ ist daneben sehr stylisch geworden, dazu tragen vor allem die Atmosphäre, die Musik und die Bildsprache bei. Einziges Manko ist, dass der Film ziemlich unvermittelt zwischendurch die Tonalität wechselt und plötzlich Comedy-Szenen aufweist. Dadurch wirkt er unrund und verliert auch etwas von seiner Stimmung. Vielleicht liegt das darin begründet, dass April Mullen bislang hauptsächlich Komödien gedreht hat und einen Film nicht gänzlich ohne Gags machen kann. Das Ende war für meinen Geschmack auch etwas zu vorhersehbar, dennoch blieb mir das eine oder andere Detail noch unklar und ich hätte Lust, den Film noch ein zweites Mal zu konsumieren. Das ist sicherlich nicht die schlechteste Auszeichnung.

Insgesamt darf man zumindest hoffen, dass „88“ hierzulande einen Kinostart bekommt, alleine damit ich ihn noch ein zweites Mal sehen kann und aufgrund der Tatsache, dass dies ein Film ist, der das wegen seiner interessanten Erzählstruktur auch verdient hat. Ansonsten gibt es definitiv eine Sehempfehlung. Wenn „88“ auf DVD bzw. auf dem einen oder anderen VoD-Portal zur Verfügung steht, sollte man definitiv mal reinschauen. 7/10

Autor: Torsten Stenske

Leave a Reply