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Dear White People – Season 1 (2017) Review

Als die Studentenverbindung „Pastiche“ vermeintlich zu einer Black-Face-Party einlädt, lassen sich die weißen Studenten der elitären Winchester-Universität nicht zweimal bitten. Sie nehmen die Einladung zum Abstreifen der Political Correctness dankend an und erscheinen in sowohl skurrilen als auch äußerst rassistischen Outfits. Natürlich lässt der Skandal nicht lange auf sich warten und so muss der Vorfall in aller Ausführlichkeit besprochen werden.

Als Netflix seine neueste Eigenproduktion ankündigte, ließ allein schon der Titel aufhorchen. Als dann der erste Trailer veröffentlicht wurde, sorgte eine Welle der Empörung für zahlreiche Abo-Kündigungen oder wenigstens deren Androhung. Netflix ließ sich hiervon nicht beirren und veröffentlichte die Serie wie vorgesehen. Der Mut sollte sich belohnen, denn „Dear White People“ setzt sich erfrischend anders mit der Frage nach Rassismus auseinander. Es wird zwar Bezug auf aktuelle Themen genommen, jedoch werden verschiedene Facetten des Rassismus thematisiert und auch die Effekte auf einzelne Personen konzentrieren sich nicht nur auf Opfer- oder Täterrollen. „Dear White People“ vermag es vielmehr, durchaus realistische Szenarien zu schaffen, in denen sich der eine oder andere Zuschauer wiedererkennen kann.

Zum einen wäre hier die Aktivistin und Moderatorin der titelgebenden Radioserie, Samantha White (Logan Browning), die unermüdlich für ihre Prinzipien einsteht und auch vor unorthodoxen Mitteln nicht zurückschreckt, solange diese ihrem Zweck dienen. So ist sie die eigentliche Veranstalterin der Black-Face-Party. Troy Fairbanks (Brandon P. Bell) als Sohn des Dekans stellt den gesellschaftlich anerkannten schwarzen Mann dar, der sich die Rassenfrage nicht stellen möchte, um nicht mit einer Seite assoziiert zu werden. Er wird maßgeblich durch seinen Vater, den Dekan Fairbanks (Obba Badatundé) beeinflusst, der wiederum darauf bedacht ist, seine privilegierte Stellung in der Gesellschaft nicht zu gefährden. „Dear White People“ verzichtet auf einen singulären Protagonisten, sondern stellt die Narration in den Mittelpunkt und beschäftigt sich mit einigen Ereignissen, die immer wieder aus verschiedenen Perspektiven durchleuchtet werden; so ist beispielsweise die Black-Face-Party in mehreren Folgen im Fokus. Jede Folge zeigt die Party aus dem Blickwinkel einer anderen Figur, die Ursachen für ihr Erscheinen und auch die Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Jede Folge beginnt mit einer Stimme aus dem Off, die den Charakter zunächst vorstellt und seinen Zusammenhang zum aktuellen Geschehen hervorhebt. Die mehrstufige Erzählweise ist jedoch nicht nur Mittel zum Zweck, jedes Mal, wenn der Zuschauer zu einem Geschehen zurückkehrt, wird ihm durch die neue Perspektive auch etwas Neues bewusst. Stets vervollständigt sich das Bild ein wenig mehr, bis der Zuschauer alle Hinweise erhält, um die richtigen Schlüsse ziehen zu können.

Sicherlich wirken einige Situationen konstruiert, auch die Darstellung der Figuren ist an der einen oder anderen Stelle überspitzt und stärkt so gängige Klischees. Wenn Sam und ihre Freunde sich zusammensetzen, um die neueste Folge ihrer Lieblingsserie zu schauen, werden hier beispielsweise besagte Klischees bedient. Andererseits wird durch die Einführung des weißen Charakters Gabe (John Patrick Amedori) ein interessanter Aspekt angesprochen. Dem liberalen Gabe gelingt es nicht, sich auf Sams Freunde einzulassen, die ihm mit reiner Verachtung begegnen. Seine Offenheit und Nachsicht sorgen eher dafür, dass eine vermeintlich kleine Meinungsverschiedenheit mit dem afroamerikanischen Studenten Reggie Green (Marque Richardson) beinahe eskaliert, da sich seine aufgestaute, blinde Wut gegen den „weißen Mann“ als seinen vermeintlichen Unterdrücker, konkret gegen einen Vertreter dieses Feindbilds, eben Gabe, richtet und beinahe entlädt. Gabes Liberalismus und sein ständiger Kontakt mit der Clique seiner Freundin Sam führen fast zu einer Opferrolle seinerseits, weil er durch seine Hautfarbe von ihnen anders behandelt wird, obwohl er eigentlich unvoreingenommen ist.

„Dear White People“ ist nicht der Skandal, den man im Vorfeld erwartet hätte, aber die provokative Message kommt dennoch beim Zuschauer an. Das reale Vorbild der Winchester-Universität ist die Elite-Universität Harvard, demnach basieren auch einige Probleme aus der Serie auf tatsächlichen Vorfällen in Harvard, was die Serie umso interessanter macht. Die erste Saffel macht Lust auf mehr und so kann man nur darauf hoffen, dass die Ankündigung der zweiten Staffel eine ähnliche Reaktion auslösen wird.

Autor: Mamon Hassani

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