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Das Märchen der Märchen (2015) Review

© Concorde Filmverleih

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„Das Märchen der Märchen“? Was in der deutschen Übersetzung etwas großspurig und beinahe unsympathisch klingt, ist der Titel eines erfreulich eigensinnigen Filmes, der in Form von drei miteinander verknüpften Episoden napoleonische Märchen aus dem frühen 17. Jahrhundert für die große Leinwand adaptiert.

„Tale of Tales“ vereint drei märchenhaften Geschichten, die in verschiedenen Königreichen angesiedelt sind und sehr unterschiedliche Themen haben. Da wäre zum Beispiel die Geschichte der verzweifelten Königin von Longtrellis (Salma Hayek), die keine Kinder bekommen kann und ihren Ehemann (John C. Reilly) dazu überredet, sich auf dunkle Magie einzulassen. Im Königreich Strongcliff verliebt sich der dortige König (Vincent Cassel) derweil in die liebliche Stimme einer ihm unbekannten Frau. Was er nicht ahnen kann: Die Dame ist alt und hässlich. Deshalb gestattet sie ihm den Geschlechtsakt lediglich im Dunkeln, der nächste Morgen wird schreckliche Folgen haben… Im Königreich Highhills zieht der schräge Herrscher (Toby Jones) heimlich einen riesigen Floh groß und vergisst dabei die Gefühle seiner Tochter (Jessie Cave)…

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Obwohl die meisten Zuschauer schon einmal mit einem Märchen und dessen narrativer Struktur in Berührung gekommen sein dürften, wird „Tale of Tales“ (so der Originaltitel) für die eine oder andere Überraschung sorgen. Zunächst fällt die beinahe sperrige Erzählweise auf, die aus den drei Episoden ein anfangs ziemlich verwirrendes Gesamtkunstwerk zimmert und im Sekundentakt neue Charaktere einführt. Nach etwa einer Stunde kommt man dann schließlich zu einer Art „Orientierungsgefühl“ und der Film entwickelt langsam seine ureigene und ungemein bildgewaltige Faszination. Erfreulicherweise verzichten die Macher weitgehend auf CGI-Effekte und präsentieren dem Publikum stattdessen Animatronic-Monster, die – als Beispiel sei das Wasserungeheuer aus der Exposition genannt – tatsächlich sehr echt aussehen und das Herz jedes Cineasten heftig zum Schlagen bringen müssten. Originell und somit überraschend sind auch die immer wieder integrierten Horrorelemente geraten, die auf den ersten Blick so gar nicht zum märchenhaften Treiben und der stellenweise gar beschwingten Atmosphäre passen wollen, aber gerade deshalb zu begeistern wissen. So hat es beispielsweise eine unangenehme Häutungs/- bzw. altertümliche Schönheits-OP-Szene in den Film geschafft, die tatsächlich Assoziationen zum ersten „Hellraiser“ – Kinofilm in den Köpfen der Genrefans entstehen lassen wird. Chapeau!

Der Film ist zudem ziemlich gut besetzt und hat neben einem hervorragend aufgelegten Vincent Cassel und einer wunderbar manischen sowie blutige Herzen verspeisenden Salma Hayek einen extrem schrägen Toby Jones zu bieten. Doch auch die Darsteller, die über keinen bekannten Namen verfügen, machen allesamt einen guten Job, weshalb in schauspielerischer Hinsicht ein runder Gesamteindruck entsteht. Wie bereits angesprochen, kann der Film auch mit seiner visuellen Gestaltung punkten und verwöhnt den Zuschauer oftmals mit Bildern, die direkt aus einer Kunstgalerie entsprungen sein könnten. Hier ist „Tale of Tales“ ganz klassisch märchenhaft. Irritierenderweise verzichten die Geschichten jedoch auf eine eindeutig moralische Botschaft, was die Freunde der Gebrüder Grimm nachhaltig verwirren dürfte und zu den großen Stärken des Filmes zählt. Unbedingt ansehen!

Autor: Jonas Hoppe

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