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Berlinale, Tag 3: „Eeb Allay Ooo!“, „Onward“ & „Delete History“

Eeb Allay Ooo! (Prateek Vats, IND 2019)
Panorama

Ein Film aus Indien, mal ganz ohne Singen und Tanzen, stattdessen zeigt „Eeb Allay Ooo!“, dass in diesem Land auch Filme jenseits des stereotypen Bollywood-Glamours gedreht werden. Er wendet sich der grassierenden Armut in den Slums von Delhi zu und porträtiert den Alltag eines Affenvertreibers, so leitet sich auch der Titel ab: Es handelt sich um die drei Rufe, mit denen die Affen verscheucht werden sollen. Von einigen werden sie für Götter gehalten, doch haben sie sich zur Plage entwickelt und stellen aufgrund des Risikos einer Krankheitsübertragung eine Gefahr für Bewohner und Touristen dar. Eigentlich hätte dies ein spannendes Porträt der ökonomischen Ungleichheit in Indien werden können, doch ist der Film recht schnell sehr redundant. Der Protagonist Anjani (Shardul Bhardwaj), dem aufgrund seiner Lebensumstände nichts anderes übrig bleibt, als den Job anzunehmen, hat nicht nur Angst vor den Affen, was für seine Arbeit logischerweise sehr hinderlich ist, sondern vermag es auch nicht, für sich selbst einzustehen, er ist schüchtern und lässt sich leicht knebeln. Doch macht er keinerlei Entwicklung durch und steht am Ende dort, wo er am Anfang stand, ohne dass zwischendrin etwas Nennenswertes geschieht. Selbst die mittlerweile klassische bzw. konventionelle Geschichte, wie einer an seinen Herausforderungen wächst und am Ende seine eigenen Interessen durchsetzen kann, wäre deutlich spannender gewesen. So bleibt eine interessante Prämisse bei nach und nach immer trockener werdender Umsetzung.

© 2019 Disney/Pixar. All Rights Reserved.

Onward / Onward – Keine halben Sachen (Dan Scanlon, USA 2020)
Berline Special

Ein Pixar-Film auf der Berlinale? Das gab es auch noch nicht. „Onward“ ist sehr kurzweilig, immer wieder sehr spaßig, eben typisch Pixar. Ein weiterer Klassiker für das Animationsstudio wird aber auch das nicht werden, so dass der nächste richtig große Wurf nach „Alles steht Kopf“ weiter auf sich warten lässt. Tom Holland und Chris Pratt sprechen die zwei Elfenbrüder Ian und Barley, denen durch einen magischen Anlass die Möglichkeit gegeben wird, noch einmal einen Tag mit ihrem verstorbenen Vater zu verbringen, den Barley nur als Kind und Ian gar nicht kennengelernt hatte. Doch bricht der Zauber nach der Hälfte ab, so dass die beiden gezwungen sind, mit dem Unterkörper ihres Vaters einen Roadtrip zu wagen, um den Zauber zu vollenden, wofür sie nur 24 Stunden Zeit haben. Diese Situation bietet natürlich jede Menge Potenzial für Slapstick-Einlagen, das auch ausführlich genutzt wird, wobei der Film in diesen kurzen, teils anarchisch angehauchten Einzelszenen stets am stärksten ist. Die Story um einen Jungen, der über sich selbst hinauswachsen und „sich selbst finden“ muss, ist natürlich nichts Neues, aber durchaus charmant umgesetzt. Ein Film, der letztlich unspektakulär, aber gleichwohl im besten Sinne unterhaltsam ist.

Effacer l’historique / Delete History (Benoît Delépine / Gustave Kervern, F/B 2020)
Wettbewerb

Selten hat ein Film die Definition der Holzhammer-Moral so sehr erfüllt wie „Effacer l’historique“. Eine Komödie, die sich um die Schattenseiten der Digitalisierung dreht und ein Trio völlig fertiger Vorstadtbewohner und -bewohnerinnen porträtiert, denen es irgendwann zu viel wird: Sie wollen die digitalen Zustände nicht mehr länger hinnehmen und fangen an, zu rebellieren. Dieser Film ist vor allem eines: viel zu lang. Als prägnanter 80-Minüter hätte er vielleicht funktioniert, doch so, wie er ist, handelt es sich letztlich um eine Aneinanderreihung von Sketchen, die in ihren besten (und leider zu wenigen) Momenten tatsächlich verdammt lustig sind, aber den Film nicht über die vollen 110 Minuten tragen können. „Effacer l’historique“ spricht grundlegend viele wichtige Dinge an, ohne jedoch in die Tiefe zu gehen und ohne die bebilderten (und leider meist wahren) Absurditäten in irgendeiner Weise effektiv und nachhaltig zu hinterfragen.

Autor: Jakob Larisch

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