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Fiktionale Unwahrscheinlichkeiten #1 Quentin Tarantinos nächste Projekte

Quentin Tarantino… der Meister der cineastischen Postmoderne. Seine Filme sind Spiele mit Konventionen, ein Bruch mit filmischen Regeln, ein Dekonstruieren von Genres. Sei es der Gangsterfilm („Reservoir Dogs“, „Pulp Fiction“, „Jackie Brown“), der Martial-Arts-Film („Kill Bill“ 1 & 2), der Exploitationfilm („Death Proof“), der Kriegsfilm („Inglorios Basterds“) oder der Western („Django Unchained“), kein Genre ist vor Tarantino sicher. Somit ist es an der Zeit, einmal nachzudenken, womit sich der Experte des Absurden die nächsten Jahre beschäftigen könnte, welche Genres er noch nicht behandelte und welche sich damit anböten.

1. Der Tanzfilm: „Still Dirty“

Ein lascher Umgang mit Musik ist Tarantino nicht vorzuwerfen, jedoch geht ihm das Faible für Kitsch scheinbar ab. Es ist somit Zeit, dass er sich in neue und etwas romantischere Gefilde begibt. Für Tarantinos Tanzfilm-Projekt wird Patrick Swayze per Motion Capture von Andy Serkis wieder zum Leben erweckt. Um auch hier eine dekonstruktivistische Ader durchscheinen zu lassen, ordnet der Regisseur an, dass Serkis den Verstorbenen möglichst im „Gollum-Modus“ (Zitat Tarantino) spielen solle. Die Mühe wird belohnt; die Academy, die von Swayzes permanentem „Mein Schatz!“ begeistert ist, verleiht Serkis für seine Performance im Februar 2015 endlich den lang erwarteten Oscar. Da Jennifer Grey für Romanzen inzwischen zu alt ist und Tarantino mit ihrer Rolle in „Die rote Flut“ (1984) ohnehin nie warm wurde, ist nun Katerina Graham die Frau an seiner Seite, die sich mit ihrer Performance in „Honey 2 – Lass keinen Move aus“ (2011) für Tarantinos Dienste empfahl. Der Regie-Großmeister ist ja bekannt dafür, auch als Charakterdarsteller noch nicht auffällig gewordene Schauspieler trotz mimischer Limits zu Höchstleistungen zu treiben. In weiteren Rollen sehen wir Christoph Waltz als faschistischen Tanzlehrer und Dolph Lundgren als Swayzes Konkurrent um die Gunst von Katerina Graham. Die Story ist simpel: Jamie (Graham) und Foxx (Swayze/Serkis) machen sich auf, den Tanzwettbewerb der „Southern North Carolina Billboard Wicked State High School“ zu gewinnen. Unter der Anleitung von John Landis (Waltz) und seinen unorthodoxen und teilweise schmerzhaften Methoden treiben sie sich gegenseitig zu Höchstleistungen. Doch Foxx stehen neben seinen Gefühlen für Jamie auch die Schultern von Drago Madboy (Lundgren) im Weg…

Kinostart: 13. Juli 2014

2. Die Screwball-Komödie: „Der verflixte 7. Fisch“

Humor ist Tarantinos geschliffenen Dialogen nun wahrlich nicht abzusprechen, auch wenn sich dieser zumeist eher subtil zeigt. Somit wird es nach dem überwältigenden Erfolg von „Still Dirty“ Zeit, das Lachen auf etwas aufdringlichere Weise einzufordern. Als besonderen Coup gelingt es Tarantino, für seine Komödie im Howard-Hawks- und Frank-Capra-Stil die inzwischen 90-jährige Lauren Bacall, Humphrey Bogarts Witwe, zu verpflichten. Sie bildet den Ausgangspunkt für wilde Wortgefechte zwischen sich und zwei Männern, die sich beide um die Liebe ihrer Tochter Jennifer (Pam Grier) streiten. Der vordergründig gewöhnliche gesellschaftliche Schaukampf zwischen der schlagfertigen Mutter sowie dem armen und arbeitslosen Fischverkäufer Joaquin (Robert De Niro) und dem reichen und arroganten Lebemann Phoenix (Al Pacino) artet jedoch in ein hintergründiges Spiel voll brillantem Dialogwitz und spritziger One-Liner aus, so dass ein Ende garantiert ist, welches definitiv alle zufriedenstellt. Jetzt schon legendär sind Tarantinos Querelen mit der Schauspielgewerkschaft, da das durch den Dialog umfangreiche Drehbuch mit etwa 670 Seiten deutlich zu dick für viele Schauspieler erschien und erst ein Vorschuss des produzierenden Studios der Disney Company für Ruhe sorgen konnte. Weitere Parts besetzen Christoph Waltz als Kopfgeldjäger mit einer Schwäche für Elfenpuppen und Gérard Depardieu als russischer Obsthändler, der eine kleine, aber dennoch sehr wichtige Rolle spielen wird…

Kinostart: 5. Mai 2015

3. Das Melodram: „Was die Herkunft erlaubt“

Nachdem „Der verflixte 7. Fisch“ zum finanziell bislang größten Erfolg von Tarantinos Karriere wird, nimmt sich der Altmeister eine Auszeit und bereist Europa. Seine Eindrücke verarbeitet er in einem für seine Verhältnisse ungewohnt humorlosen Film, der jedoch mit einer „Memento“-artigen Chronologie aufzuwarten weiß. Courteney Cox spielt in diesem emotionalen Rührstück die Mutter von Justin (Udo Kier), einem ostdeutschen Immigranten, der mit den Problemen seiner homosexuellen Liebe zu Dennis (Thomas Kretschmann) kämpft. Auch hier wieder mit von der Partie: Christoph Waltz als gewaltbereiter Neonazi Peer sowie Eli Roth als homophober Massenmörder Donnie Darkovitz. Die komplexe und verschachtelte Erzählweise reißt die Kritik vom Hocker und sorgt für seit „Pulp Fiction“ nicht mehr da gewesene Lobeshymnen. Nach der Premiere kommt jedoch ein unschönes Kapitel der Dreharbeiten ans Licht: Während der kurzen Zeit in den Studios Babelsberg haben sich Kretschmann und Tarantino überworfen, was zu einigen Schweigesequenzen im fertigen Film führte, da Kretschmann sich weigerte, seinen Text aufzusagen. Von einem Journalisten darauf angesprochen, kommentiert Tarantino: „Ich bin der Meinung, dass Til Schweiger ohnehin der einzig gute deutsche Schauspieler ist“.

Kinostart: 3. Januar 2017

4. Der Horrorfilm: „Scream, Bastard, Scream!“

Der Filmfreak ist zurück! Nach seinem an popkulturellen Referenzen nicht ganz so reichen Melodram darf Tarantinos Fanherz endlich wieder schlagen. Die Hommage an das Horror-Genre verbindet Elemente der alten Universal-Filme aus den 1930er-Jahren mit einer exzessiven Verbeugung vor dem Subgenre des Slasher-Films. Dieses Werk wäre allerdings ohne die Mithilfe der argentinischen Regierung nicht möglich gewesen, da auf demselben Dachboden, auf welchem auch die verschollen geglaubten Filmrollen von Fritz Langs „Metropolis“ (1927) entdeckt wurden, in einer weiteren Filmdose sich bislang unbekanntes Material findet, welches Bela Lugosi und Boris Karloff gemeinsam beim Kegeln zeigt. Gegen das Versprechen, einen Teil des Films in Südamerika zu drehen, überlassen die Argentinier Tarantino das Material, welcher sogleich Peter Jackson und James Cameron ins Boot holt. Mit der inzwischen entwickelten „3D-to-go“-Technik schafft es Cameron, das uralte Material vor Ort als 3D-Streifen zu restaurieren, Jackson ist inzwischen als Second Unit Director damit beschäftigt, zumindest die Landschaftsaufnahmen Südamerikas durch seine „High-Triple-X-Frame“-Methode einem nach 3D umkonvertierten, achtzig Jahre alten Schwarzweißfilm anzupassen, was ihm tatsächlich gelingt. Auf Tarantinos Frage, wie er ihm nur danken könne, soll Jackson geantwortet haben: „Never give Elijah Wood a role!“. Die Handlung von Tarantinos erstem 3D-Film lässt sich lediglich als ein postmodernes Konglomerat von auf nichts verweisenden Zeichen lesen. Die Serienmörderin Canberra (Neve Campbell) fühlt sich vom Geist der beiden Stummfilmlegenden verfolgt und bittet den Psychiater Dr. Schulzz (Christoph Waltz) um Hilfe. Dies führt jedoch lediglich dazu, dass ihre dunkle Seite sich von ihrem Körper abspaltet und als maskierte Entität (Gunnar Hansen) unkontrolliert weitermordet. Mit dabei: Robert Englund als Käsehersteller mit Geheimnissen sowie Kane Hodder und Ken Kirzinger als immer gut gelaunte siamesische Zwillinge.

Kinostart: 4. März 2018

5. Das Sequel: „Pulp Fiction 2“

Sie sind zurück! Samuel L. Jackson und John Travolta zeigen sich in dem Film, mit dem Tarantino seine Karriere beendet, noch einmal auf der Leinwand. Natürlich ist Vincent Vega (Travolta) nicht tot, Butch Coolidge (Bruce Willis) hatte lediglich seinen verschollenen Zwillingsbruder erschossen. Der neu im Cast erscheinende Chow Yun-Fat, welcher als Gangsterboss Jackie Anspruch auf den Platz von Marsellus Wallace erhebt, kommentiert dies grinsend mit den Worten: „Damit habe ich Erfahrung!“ Jules ist mittlerweile Baptist, arbeitet allerdings wieder zusammen mit Vincent als Kopfgeldjäger und ist hin- und hergerissen zwischen Loyalität für den sehr gut bezahlenden Jackie und ihrem alten Chef Marsellus Wallace. Auch Uma Thurman als Mia ist wieder dabei, die inzwischen mit Pumpkin (Tim Roth) zusammen ist, nachdem dessen frühere Freundin Honey Bunny (Amanda Plummer) bei einem Überfall ums Leben kam. Beide haben sich auf Kleidungsschmuggel verlegt, dealen mit schwarz-gelben Anzügen und werden dabei durch die Probleme des Kleinkriminellenlebens fast verrückt. Neu sind Christoph Waltz als rassistischer Drogenjunkie und Daniel Day-Lewis als Erdölmagnat mit Anspruch auf den Präsidentenposten der Vereinigten Staaten, der für diesen Film seinen inzwischen sechsten Oscar bekommt.

Kinostart: 9. Oktober 2019

Autor: Jakob Larisch

One Response to “Fiktionale Unwahrscheinlichkeiten #1 Quentin Tarantinos nächste Projekte”

  1. 1
    T-Fax Says:

    Geil, geil, geil!
    Wenn „Was die Herkunft erlaubt“ gecrowdfunded würde, ich würd investieren.
    Geile Idee diese Rubrik

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