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Ted (2012) Review

© Universal Pictures Home Entertainment

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Wenn TV-Serien irgendwann sehr erfolgreich werden, ist es zumeist nur eine Frage der Zeit, bis ihre Schöpfer die Möglichkeit bekommen, sich an einem Kinofilm zu versuchen. Auch Seth MacFarlane, bekannt durch die beiden Zeichentrickserien „Family Guy“ und „American Dad“, beschreitet nun diesen Weg. Jedoch geht sein erster Leinwandausflug zumindest in eine stilistisch komplett andere Richtung, als man es bisher von ihm gewohnt ist. Statt 90 Minuten Peter Griffin oder Stan Smith wagt sich MacFarlane sogleich an einen Realfilm…mit einem computeranimierten Teddybär. Niedlich? Nun ja, in Anbetracht der Tatsache, dass der Bär sich gerne Rauschmitteln hingibt und Supermarktverkäuferinnen auf Obstkisten flachlegt, kann man sicher sein, dass MacFarlane drin ist, wo MacFarlane draufsteht. Und das heißt: irrwitzige und respektlose Gags im Sekundentakt sowie Anspielungen auf alltagskulturelle Phänomene bis zum Abwinken.

Seitdem sich Johnny (Mark Wahlberg) als Kind gewünscht hat, dass sein Teddybär und einziger Freund lebendig werden soll und ihm durch eine Sternschnuppe dieser Wunsch erfüllt wurde, sind er und Ted (Stimme und Motion Capture: Seth MacFarlane) unzertrennlich. Nur ist Johnny nie wirklich erwachsen geworden, er arbeitet bei einer winzigen Zweigstelle einer Autovermietung und nutzt seine Freizeit, um mit Ted zusammen abzuhängen, zu kiffen und „Flash Gordon“ zu schauen. Seiner Freundin Lori (Mila Kunis), die sich im Büro den Avancen ihres Chefs Rex (Joel McHale) erwehren muss, geht dieses Verhalten langsam, aber sicher auf die Nerven und sie bittet Johnny an ihrem vierten Jahrestag, Ted aus ihrer Wohnung zu werfen, damit sich ihre Beziehung endlich weiterentwickeln könne. Johnny, der sich eigentlich nur ungern zwischen Ted und Lori entscheiden möchte, tut ihr zwar diesen Gefallen, doch im Angesicht eines Treffens mit „Flash Gordon“ Sam Jones persönlich auf einer Party von Ted kann er einfach nicht aus seiner Haut und versetzt Lori. Es kommt zum Bruch zwischen ihnen und schließlich auch noch zwischen Johnny und Ted. Krise, Krise…aber irgendeinem der Beteiligten fällt mit Sicherheit etwas ein…

Ein Teddybär, der per Sternschnuppenwunsch lebendig wird? Klar. MacFarlane umgeht hanebüchene Erklärungen, indem er das Ganze einfach als modernes Märchen anlegt und den Film per gottgleicher Erzählerstimme beginnen und enden lässt…auch wenn diese Stimme scheinbar charakterlich ähnlich veranlagt ist wie Johnny und Ted. Letzterer wird jedenfalls erst einmal weltberühmt, tingelt durch die Talkshows (wobei sogar Originalmaterial verwendet wurde) und wird regelmäßig von Mädchentrupps im Park um ein Foto gebeten. Dass man die Lebendigkeit des Teddys über die komplette Spielzeit des Films nicht einmal in Frage stellt, liegt am brillanten Motion-Capture-Spiel von Seth MacFarlane und natürlich auch an den Reaktionen der umstehenden Beteiligten. Insbesondere Mark Wahlberg lebt seine Rolle derart aus, dass man manchmal meinen könnte, er habe Ted auf irgendeine Weise nach Drehschluss mit nach Hause genommen und sich wirklich mit ihm einen Flash-Gordon-Abend gemacht.

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Stichwort: Bereits „Family Guy“ und „American Dad“ strotzen nur so vor Anspielungen auf Filme, Fernsehserien oder andere kulturelle Gegebenheiten. MacFarlane treibt dieses postmoderne Spiel nun noch eine Ebene weiter, indem er das Spiel mit popkulturellen Versatzstücken natürlich auch hier bis zum Exzess auswalzt, aber darüber hinaus wiederum Referenzen auf seine beiden TV-Serien einbaut. Daneben wird zum einen die bereits angesprochene „Flash Gordon“-Verfilmung von 1980 grenzenlos zitiert, gezeigt, und besprochen, inklusive eines wundervollen und sehr selbstironischen Cameos des damaligen Hauptdarstellers Sam Jones, zum anderen finden sich unglaublich viele Verweise auf das „Star Wars“-Universum. Ist die Beschäftigung mit diesen beiden Phänomenen noch mit einer Verbeugung vor ihnen gleichzusetzen, bekommen andere Dinge schon in Nebensätzen mal so richtig ihr Fett weg. Insbesondere aktuelle Erscheinungen wie neuartige Superheldenverfilmungen, Adam-Sandler-Komödien oder Teeniestars werden zur Zielscheibe des Spotts und wenn Ted sich nach einem grenzgenialen Cameo von Ryan Reynolds als Freund eines Arbeitskollegen von Johnny beschwert, dass auf seinem Sofa zwei Kerle rummachen würden, von denen einer aussähe wie der Typ aus „Green Lantern“, lösen sich alle Grenzen zwischen Fiktion und Realität auf. Auch Soul-Sängerin Norah Jones ist sich für einen Kurzauftritt nicht zu schade und Ted setzt sich erneut über jegliche politischen Korrektheit hinweg, als er ihre indische Herkunft mit einer muslimischen verwechselt und sich bei ihr für die Anschläge des 11. September bedankt. Mit derartigem, jegliche Grenzen des guten Geschmacks überschreitenden Brachialhumor geizt der Film nicht, so wird Hodenkrebspatient Lance Armstrong zu einem derben, aber saukomischen Gag umfunktioniert und Ted spannt mit Johnny unter Drogeneinfluss einen Witz auf Kosten der jüdischen Religion bis zum Zerreißen. Allerdings sind nicht alle Anspielungen derart rücksichtslos, manche sind sogar fast leise und versteckt, aber es ist ein wahres Meisterstück, wie MacFarlane es schafft, in wirklich fast jedem Satz oder Bild irgendein Zitat unterzubringen. Man muss sich allerdings keine Sorgen machen, wenn einem die eine oder andere Anspielung entgeht, der Film ist auch darüber hinaus durchweg irrsinnig komisch. Dies ist eines der Kennzeichen postmoderner Machwerke: Sie funktionieren auf zwei Ebenen. Ohne popkulturelle Vorbildung ist „Ted“ einfach eine äußerst witzige Komödie, aber wer ein Fan von Kultur- und insbesondere Filmgeschichte ist, wird sich in diesem Film ganz zu Hause fühlen und 106 Minuten lang aus dem Lachen nicht mehr herauskommen.

Auf der Wirkungsebene ist „Ted“ ein Film von Filmfreaks für Filmfreaks. Seth MacFarlane ist ein Freak, Johnny ist ein Freak (vermutlich hat MacFarlane die Figur in einigen Teilen nach seinem Ebenbild erschaffen) und es ist größtenteils Mark Wahlberg zu verdanken, dass das Konzept aufgeht. Insbesondere die mit Bud-Spencer-Sounds unterlegte Schlägerei zwischen Johnny und Ted, bei der mal eben ein ganzes Hotelzimmer zerlegt wird, ist der Höhepunkt des Films. Dass MacFarlane in seinem ersten Spielfilm mit Wahlberg und Mila Kunis gleich derart fantastische Schauspieler gefunden hat, die ohne mit der Wimper zu zucken die wahnwitzigsten Szenen spielen und in Gesprächen mit einem Bier trinkenden Teddybär stoisch ernst bleiben können, ist als Kompliment an seine bisherige Arbeit zu werten. Und es rentiert sich. Die beiden tragen den Film mühelos, Mila Kunis ist ohnehin immer ein Highlight. Andere Darsteller finden kaum Platz, am ehesten bleiben Joel McHale als Loris schmieriger Boss, der das Klischee des reichen und verwöhnten Vatersöhnchens erfüllt und zelebriert, und die bislang absolut unbekannte Jessica Barth in Erinnerung, die als Teds Freundin Tammy-Lynn gar nicht mal nur einen optischen Eindruck hinterlässt.

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Mit seiner Komödie um einen saufenden, kiffenden und vögelnden Teddybär lässt Seth MacFarlane zwei Welten aufeinanderprallen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Die unschuldige Kindheit trifft eine wahrlich nicht jugendfreie Erwachsenenwelt (auch in dieser Hinsicht ist das FSK-16-Rating zu verstehen, ansonsten dürften die Spielzeughersteller der Welt demnächst deutliche Umsatzeinbußen zu verzeichnen haben). Die Entzauberung des Teddys als Unschuldssymbol schlechthin wird bereits im Ansatz der Geschichte erste pikierte Reaktionen zur Folge haben. Aber Provokation barg schon immer ein großes Humorpotenzial, eine Regel, die MacFarlane mustergültig einzusetzen versteht. Wenn man nicht einen unnötig steifen Umgang mit Teddybären pflegt und sich daran erfreuen kann, wie jegliche „political and moral correctness“ mit Füßen getreten wird, ist „Ted“ über die volle Laufzeit einfach nur zum Kaputtlachen und wird sich vermutlich zum Komödienhighlight des Sommers entwickeln.

Autor: Jakob Larisch

One Response to “Ted (2012) Review”

  1. 1
    admin Says:

    Excellente Review, trifft genau meine Sicht. Erwähnt werden sollte auch nochmal Giovanni Ribisi, seine Tanznummer vor dem Fernseher zu der 80s Mucke… ich wette der hatte auch jemanden im Keller in nem Loch (get it :-) ) Auch nicht schlecht war Ted´s Frage „I don´t sound much as Peter Griffin… or do I?“. Well done Mr. MacFarlane, we´ll see you at the Oscars…

    Cheers, David

    P.s. achja und RALPH GARMAN!

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